Staatsschutz und Polizei ermitteln Brandanschlag auf Israel-Fahne

Düsseldorf · Unbekannte Täter haben eine Israel-Fahne vor dem Rathaus durch Feuer beschädigt. Die Jüdische Gemeinde ist besorgt.

 OB Stephan Keller hisste nach dem Brandanschlag am Freitag eine neue Israel-Fahne am Rathaus.

OB Stephan Keller hisste nach dem Brandanschlag am Freitag eine neue Israel-Fahne am Rathaus.

Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Michael Gstettenbauer

Ein weiterer mutmaßlich antisemitisch motivierter Vorfall besorgt die Jüdische Gemeinde und die Düsseldorfer Stadtgesellschaft. Bislang unbekannte Täter haben am Donnerstagabend die Israel-Fahne auf dem Vorplatz des Rathauses durch Feuer beschädigt. Sie war erst zwei Tage zuvor als Reaktion auf eine ebenfalls noch nicht aufgeklärte versuchte Beschädigung des Gedenksteins für die Synagoge an der Kasernenstraße gehisst worden.

Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) brachte bereits am Freitagvormittag eine neue Israel-Fahne an dem Fahnenmast neben dem Jan-Wellem-Denkmal vor dem Rathaus an. Damit wollte er nach eigenen Angaben „ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus“ setzen. Keller betonte in einem Statement, die Angriffe auf jüdisches Leben seien unerträglich. „Ich versichere der jüdischen Gemeinde: Die Stadt Düsseldorf steht fest an der Seite der Menschen jüdischen Glaubens und an der Seite des Staates Israel.“

Aus ganz Deutschland werden derzeit antisemitische Vorfälle gemeldet. Sie stehen in Zusammenhang mit der erneuten Eskalation des Nahostkonflikts. Die Düsseldorfer Polizei hat den Schutz jüdischer Einrichtungen in der Landeshauptstadt offenbar verstärkt. Dieser genieße ohnehin „hohe Priorität“, sagte ein Polizeisprecher. Mit Blick auf die aktuelle Situation würden die Maßnahmen „entsprechend angepasst“. Zu Details äußert sich die Polizei aus Sicherheitsgründen nicht. In Düsseldorf gibt es die drittgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland nach Berlin und München.

Mitarbeiter des Ordnungsamts hatten gegen 20.30 Uhr die Polizei gerufen, als sie die Schäden an der vier mal fünf Meter großen Fahne bemerkten. Die Fahndung verlief ohne Erfolg. Am Montagabend hatten ebenfalls noch nicht ermittelte Täter ein Feuer auf dem Gedenkstein für die Synagoge an der Kasernenstraße entzündet, die 1938 im Zuge der Novemberpogrome angezündet worden war.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Oded Horowitz, zeigt sich besorgt. „Dass die israelische Fahne im Herzen von Düsseldorf, unmittelbar vor dem Rathaus, angezündet wird, bedeutet eine neue Stufe der Eskalation, ein Zeichen, dass ich so in dieser Stadt nicht erwartet hätte.“ Das Feuer auf dem Gedenkstein für die ehemalige Synagoge und nun das Niederbrennen der Flagge sorgten in der etwa 6800 Köpfe zählenden Gemeinde für Angst und Verunsicherung.

„Mit dem Kindergarten, der Grundschule und dem Gymnasium zeigen wir, dass wir an die Zukunft des jüdischen Lebens in dieser Stadt glauben“, sagt Horowitz. Setze sich die Kette der jüngsten Ereignisse fort, habe er allerdings die große Sorge, dass „hier immer mehr Menschen aufgeben und sich eine neue Heimat suchen“.

Entsetzt ist auch Chaim Barkahn, Rabbiner der orthodoxen Chabad-Gemeinde. „Wer heute eine Fahne in Brand setzt, schreckt womöglich im nächsten Schritt auch nicht vor Gebäuden und Menschen zurück“, sagt Barkahn. Von Sonntagabend an will seine Gemeinde trotzdem das Schawuotfest begehen. „Ich befürchte allerdings nach dieser Verunsicherung, dass deutlich weniger Gläubige kommen werden“, meint der Rabbiner.

Horowitz geht nun davon aus, dass die Sicherheitsstandards für die Jüdische Gemeinde noch einmal auf den Prüfstand kommen. „Über technische und personelle Fragen wird zu sprechen sein.“

Von großer Sorge und Verunsicherung in der jüdischen Community berichtet auch Sophie Brüss von der Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit mit Schwerpunkt Antisemitismus (Sabra). „Wir sehen mit Erschrecken, wie die Gewalt um uns herum immer weiter wächst.“ In ihrem persönlichen Umfeld nehme sie eine wachsende Unsicherheit in Bezug auf das eigene Verhalten wahr, ob die Kinder etwa noch in jüdische Einrichtungen geschickt werden sollten.

„Es zeigt sich immer mehr, dass die Hemmschwellen sinken. Antisemitismus wird immer offener formuliert, mit Klarnamen und nicht anonym“, sagt Brüss. Und er komme von vielen Seiten gleichermaßen, „von rechts, von links oder auch islamisch geprägt, mit oder ohne Israelbezug“. Neben einer klaren Haltung wünsche sie sich auch die konsequente Ahndung der Vergehen.

Am Abend begrüßte Düsseldorfs Bürgermeister Josef Hinkel (CDU) Vertreter der deutsch-israelischen Gesellschaft angesichts des Jahrestags der israelischen Unabhängigkeitserklärung.

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