Dieses Studio kann fast alles

Das virtuelle Studio des ZDF hatte jetzt Premiere. Auch die Düsseldorfer von VR3 entwerfen künstliche Welten am Computer.

Düsseldorf. Mitte der 90er Jahre war der Begriff "Virtuelle Realität" (VR) in aller Munde. Schöne, neue, am Computer erschaffene Welten sollten bald nicht nur die Kommunikation, sondern das ganze Leben verbessern, orakelten Experten. Davon ist man immer noch weit entfernt. Immerhin: Immer mehr Fernsehstationen senden aus virtuellen Studios. Seit gestern zeigt auch das ZDF die heute-Nachrichten aus einem brandneuen, 30 Millionen Euro teuren virtuellen Senderaum.

Solche Studios kommen mit einem Minimum an realen und damit teuren Einrichtungsgegenständen aus - am Computer können die Moderatoren dann wahlweise in eine Abstellkammer gestellt werden, vor die Niagarafällen oder in ein durchgestyltes Studio mit Säulengang.

Es gibt wenige Anbieter, die diese Technik bereitstellen können. Zu ihnen zählt ein Düsseldorfer Unternehmen: VR3 hat die virtuellen Nachrichtenstudios von Pro7 und Sat1 sowie das Studio der N24-Sendung "Kronzuckers Welt" am PC kreiert. Jeder der drei Firmengründer und Geschäftsführer hat einen eigenen Bereich: Jochen Schreiber (55) arbeitet seit 20Jahren als Produzent und Regisseur in der Werbung und für TV-Sender. Der Designer Dirk Konopatzki (40) kümmert sich um Optik und Nachbearbeitung und Rainer Maguhn (38) entwickelt die Software und programmiert.

Kennen gelernt haben sich die Männer Ende der 90er in einem Kölner Studio, wo die Jugendsendung "Petty Pur" in einem Vorgänger der VR-Studios produziert wurde. "Wir kannten die Schwächen der Systeme und wollten es besser machen", sagt Konopatzki. Mit einem zusammengeschraubten Computer und einem selbst geschriebenen Programm, das die Aufzeichnung in Echtzeit erlaubt, also ohne eine wahrnehmbare Verzögerung, gründeten sie 2003 ihr VR3.

Inzwischen haben sie in ihren Büros an der Königsberger Straße auch ein Mietstudio eingerichtet. Es ist ein zwölf Quadratmeter großer, grasgrün gestrichener Raum mit zwei Kameras, unter der Decke hängt eine Lampenbatterie. Eine Kamera ist fest angebracht. Die andere fährt auf Schienen, ist über ungezählte Kabel mit einem Computer verbunden. Konopatzki erklärt: "Jede Kamerabewegung wird von Sensoren abgetastet, damit der Computer weiß, wo sie sich im Raum befindet." Maguhn ergänzt: " Die grüne Farbe des realen Studios wird durch den computergenerierten Hintergrund ersetzt."

Der Vorteil: Aufwändige Kulissen entstehen kostengünstig am Computer. Der Nachteil: Für den mobilen Einsatz ist die Technik nicht geeignet. "Der Computer muss eben immer genau wissen, wo im Raum die Kamera ist", sagt Maguhn. Die schier unendliche virtuelle Welt bleibt tatsächlich auf einen kleinen, grasgrünen Raum beschränkt.

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