"Straßenleben" : Die Welt aus Sicht der Obdachlosen
Verkäufer der Obdachlosenzeitung Fifty-Fifty veranstalten die Stadtführung „Straßenleben“. Sie erzählen vom Leben zwischen Notschlafstelle und Essensausgabe.
Düsseldorf. Obdachlose gelten in der Soziologie als sogenannte „schwache Interessensgruppe“. Sie haben weder das Geld, um sich gut zu organisieren, noch können sie der Gesellschaft wichtige Leistungen vorenthalten. Ihre Perspektive bleibt den meisten Menschen deswegen unbekannt.
Um Interessierten zumindest einen kurzen Einblick in den Alltag der Obdachlosen in Düsseldorf zu bieten, veranstaltet die Obdachlosenzeitung Fifty-Fifty regelmäßig Stadtführungen unter dem Namen „Straßenleben“. Dort stellen die Zeitungsverkäufer Armin (44) und Miriam (40) wichtige Orte vor, in denen Wohnungslose Schlafplätze oder ein Mittagessen bekommen können.
Beide haben mittlerweile Wohnungen, müssen aber weiterhin die Zeitung verkaufen, da das Jobcenter die Wohnungen nicht komplett bezahlt. Das ist für Armin, der selbst für die zu teure Wohnung Jahre lang suchen musste, eine Erklärung für die Obdachlosigkeit vieler: „Früher haben Vermieter Hartz-IV-Empfängern gerne Wohnungen gegeben. Da war die Mietzahlung dank der Stütze sicher. Aber heute wird einem nach zwei verpassten Terminen das Geld gekürzt und die Miete kann nicht mehr bezahlt werden“. Aufgrund solcher schlechten Erfahrungen würden Arbeitslose bei der Wohnungssuche häufig abgewiesen und landeten dann auf der Straße. Er selbst sei nach einer Kündigung in Ingolstadt nach Düsseldorf gezogen, um seinem Sohn die schlimmer werdenden Streitigkeiten mit seiner Frau zu ersparen. Und sei hier, wie er es nennt, „am Hauptbahnhof hängengeblieben“. 2002 habe er von der Obdachlosenzeitung erfahren und begonnen, sie zu verkaufen.
Die beiden führen die zirka 20 Anwesenden jeden Alters an einer Schlafstelle vorbei, die interessiert zuhören und einige Fragen stellen. Auf die Frage, ob es denn genug Schlafstellen gibt, erzählt Armin, dass es im Sommer wenige Probleme gebe und im Winter viel improvisiert würde, damit es funktioniert. Die Hauptprobleme lägen woanders. In fast allen Schlafplätzen seien Hunde verboten.
Da schaltet sich seine Kollegin Miriam ein: „Wisst ihr eigentlich, warum Hunde für Obdachlose so wichtig sind? Sie sind nicht nur wichtige Freunde, sondern bieten Wärme in der Nacht und Schutz vor Gewalttätigen.“