Hosen-Konzert Darum sind die Toten Hosen in Düsseldorf so gut

Düsseldorf · Ob in der Altstadt oder in der Arena - gefühlt feiert ganz Düsseldorf die Toten Hosen bei Abschlusskonzert Nummer 1. Gründe für die Euphorie? Eine Szene bei der Aftershow-Party geht unserem Autor nicht aus dem Kopf.

 Und jetzt nochmal volle Energie - Campino gibt in Düsseldorf alles.

Und jetzt nochmal volle Energie - Campino gibt in Düsseldorf alles.

Foto: Lepke, Sergej (SL)

Vielleicht spielt sich die Szene mit der stärksten Aussagekraft an diesem Wochenende gar nicht auf der Bühne ab, wo Die Toten Hosen ja ohnehin traditionell eine Aussagekraft an den Tag legen, die mitunter nicht mehr von dieser Welt zu sein scheint.

Vielleicht spielt sie sich hinter der Bühne ab, als bei der Aftershowparty Campino auf der Tanzfläche kurz Anlauf nimmt und dann Jan „Monchi“ Gorkow auf den Rücken springt, um ihn jubelnd zu herzen. Monchi ist Sänger bei Feine Sahne Fischfilet, einer Band aus Jungspunden, die das Publikum zuvor für die Hosen angeheizt hatte und die all das verkörpert, was die Hosen früher, zu Beginn, auch schon waren: Sie sind krawallige Dickköpfe, die sagen, was sie denken, ohne groß zu grübeln, was davon dem Konversationsknigge entspricht.

Und sie sind in allem, was sie machen, konsequent politisch und maximal menschlich – was ihnen viele fälschlicherweise und dumm als Linksextremismus auslegen. Seit geraumer Zeit sind Feine Sahne Fischfilet daher auch ein Teil der Hosen-Familie. Die zweite Generation. Die, die dem „Alt“ ein „Jung“ entgegensetzt. Eine, die zeigt, dass es weitergehen wird mit dem Geist der Hosen. Komme, was da wolle.

So heizen die Toten Hosen Düsseldorf ein
27 Bilder

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Foto: Lepke, Sergej (SL)

Campino und Co. sind wie eine Spielmacher-Legende

Und genauso agieren Campino und Co. auch auf der Bühne denn auch: Wie eine Spielmacherlegende mit der Nummer 10, die alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, und die weiß, dass es da jemanden gibt, der ihr unumstößlich den Rücken frei hält. Die im Herbst ihrer Karriere weiß, dass der von ihr kreierte und zelebrierte Fußball irgendwie weiter gespielt werden und überleben wird.

Woran man das erkennt? Daran, dass den Toten Hosen der Spaß an diesem zweieinhalbstündigen Rock’n’Roll-Spektakel in der Arena wie in die Gesichter gemeißelt steht. So viel Lachen und Schauen der Marke „Ja, genau so muss es sein! Je mehr Gewimmel und Getümmel, desto besser!“ war gefühlt noch nie. Oder zumindest lange nicht mehr.

Euphorie zieht sich durch ganz Düsseldorf

Und es zieht sich an diesem Wochenende ja bis in die hintersten Winkel der Stadt fort: Zu Aufwärm-Partys und Sausen danach in Clubs und Kneipen. Mit Horden von Menschen, die sich offen als Fans dieser Band präsentieren und über Bürgersteige und Kopfsteinpflaster gehen, in Bahnen und Autos sitzen, an Tresen und Stehtischen stehen oder auf Tanzflächen zwischen Toilette und Zigarettenautomat tanzen.

„Alles was war“, singen Die Toten Hosen recht früh im am ersten von zwei Konzerttagen 36 Songs umfassenden Set. Darin die Zeile: „Wie war dein Leben ohne mich?“ Das kollektive Bewusstsein der Masse denkt sich in diesem Moment 45000-fach wahrscheinlich: „Was das für Fragen sind! Ja, wie soll es denn gewesen sein, das Leben? Was war denn? Nichts war! Das Leben war bescheiden. Es war doof und blöd, so ganz ohne die Hosen in der Heimat.“

Die Toten Hosen feiern bis zum Konfettiregen - und noch weiter

Also wird gefeiert. Bis zum Konfettiregen und der Sache mit dem „You’ll never walk alone“. Bis zum bitteren Ende und zum „Altbierlied“. Bis zum „Bommerlunder“, der auch nach Jahrzehnten noch nicht schal schmeckt. Denn es sind ja mal wieder Tage wie diese.

Und eben bis zum Sprung Campinos auf den Rücken des Kollegen. Ein Sinnbild der Euphorie, der Glückseligkeit und des Im-Reinen-Seins mit sich und der Welt. Es ist manchmal schon unglaublich, was für eine Macht diese Angelegenheit, die Musik, haben kann, wenn man sie nur zu händeln und in die richtigen Kanäle und Synapsen zu leiten weiß. Die Toten Hosen wissen das. Das macht sie so gut und dieses Wochenende mit den Tourabschlusskonzerten zu Feiertagen, die nicht im Kalender stehen müssen, um Feiertage zu sein. Und was die Band sonst noch weiß?

Dass sie eine einzigartige „Laune der Natur“ ist, die es in dieser Form wohl nicht noch einmal geben wird. Aber dass eben weitere Launen folgen und bereit stehen und jetzt schon mal mit den Vorbildern trainieren und ihnen dadurch Sicherheit schenken sowie eine Gelassenheit, Souveränität und unbeschwerte Lebenslust, die in der Arena lauter dröhnt als jede Flugzeugturbine am Nachthimmel darüber.

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