Düsseldorf Die Jonges und ihr Heimatsoldat - Buch über Geschichte des Vereins geplant

Buch über Geschichte des Heimatvereins zur Hitlerzeit geplant. Prof. Volker Ackermann präsentiert erste Ergebnisse.

Düsseldorf: Die Jonges und ihr Heimatsoldat - Buch über Geschichte des Vereins geplant
Foto: Dieter Sieckmeyer

90 Jahre alt werden die Düsseldorfer Jonges 2022. Zum Jubiläum soll ein Buch erscheinen, das sich durchaus kritisch mit der Vergangenheit des Heimatvereins auseinander setzt. Professor Volker Ackermann, auch Vorsitzender des Geschichtsvereins, wurde beauftragt, die Historie der Jonges unter den Nationalsozialisten zu erforschen. Jetzt stellte der Wissenschaftler die ersten Ergebnisse in der Mahn- und Gedenkstätte vor.

Dass die Jonges 1932 gegründet wurden, hatte mit den Nazis wenig zu tun. Vielmehr waren sechs Mitglieder um den ersten Jonges-Baas Wilhelm Weidenhaupt (bis 1947) im Streit bei den Alde Düsseldorfern ausgeschieden und hatten ihren eigenen Verein ins Leben gerufen. Dessen Wurzeln reichten aber viel weiter zurück, bis ins Jahr 1895. Denn da wurde mit dem Berger Tor ein historisches Gebäude abgerissen, das zu den ältesten Düsseldorfs gehörte. Darum heißt die Vereinszeitung der Jonges bis heute „Das Tor“.

„Da spielten Verlusterfahrungen und die Angst vor einer Amerikanisierung eine große Rolle“, so Ackermann. Denn an vielen Stellen in Düsseldorf mussten alte Gebäude weichen. „Man hört kaum noch die Heimatsprache“ — dieser Satz war eine Triebfedern, warum sich Männer aus der bürgerlichen Mitte dem Verein anschlossen. Sehr schnell legten die Jonges ein Bekenntnis zur „machtvollen Idee des Nationalsozialismus ab.“ Sie feierten Hitler in ihrer Vereinszeitschrift als Heimatsoldaten und druckten Zitate des Führers: „Die Jonges haben sich angepasst, was ihnen nicht sehr schwer fiel.“ Dabei wuchs die Zahl der Heimatfreunde sehr schnell. Waren es 1932 noch 36 Gründungsmitglieder, stieg die Zahl der Jonges bis 1941 auf 1300.

Ein typisches Beispiel ist Heinrich Heine. Der große Dichter wurde von vielen der Gründungsmitgliedern verehrt. Weidenhaupt, ein gut vernetzter Bäckermeister, wohnte sogar in seinem Geburtshaus. Doch von 1933 bis zum Kriegsende verschwand der Name Heine einfach. Dafür waren die Jonges nach dem Ende der Nazi-Zeit die Ersten, die für Heinrich Heine eine Plakette schaffen ließen.

Die Jonges entwickelten eine große Begeisterung für alles Militärische. Hitler sorgte dafür, dass Düsseldorf wieder Garnisonsstadt wurde. So war das Vereinsleben „getragen von der Liebe zum großen Vorkämpfer und Führer“.

Auf der anderen Seite versuchten die Jonges, ihren Prinzipien treu zu bleiben. Denn in der Satzung heißt es, dass Religion und Politik bei den Heimatfreunden nichts zu suchen haben. Ackermann: „Tatsächlich finden sich im ’Tor’ auch keine antisemitischen oder rassistischen Texte.“ Bisher konnte der Wissenschaftler keine Hinweise darauf finden, ob der Verein überhaupt jüdische Mitglieder hatte.

Mit Erfolg verhinderten die Jonges, dass sie — wie von den Nazis geplant — mit den Alde Düsseldorfern zwangsvereinigt werden. Die Idee wurde einfach irgendwann nicht mehr weiterverfolgt. Offenbar wusste man nicht so richtig, wie man den Heimatverein einschätzen sollte. Also ließ man ihn weitgehend in Ruhe.

Mit einer Ausnahme: Leo Statz, der auch Vorsitzender des Karnevalsausschusses und bekennender Gegner der Diktatur war, wurde 1943 von den Nazis wegen „Wehrkraftzersetzung“ hingerichtet. Das konnte auch ein Gnadengesuch der Jonges an das Reichs—Justizministerium nicht verhindern.

Der Inhalt war beispielhaft für das Verhalten der Jonges. Die distanzierten sich inhaltlich von den kritischen Äußerungen und argumentierten, dass Leo Statz als Karnevalist viel trinken müsse und sich außerdem um die Heimat verdient gemacht habe. Ob der Brief sein Ziel jemals erreicht hat, ist unbekannt. Genützt hat er jedenfalls nichts. Die Jonges versuchten später, dieses Gnadengesuch als „offenen Widerstand“ gegen das Hitler-Regime darzustellen. Ein wenig glaubhafter Versuch. Bezeichnend: Nach seiner Hinrichtung wurde Leo Statz per Vorstandsbeschluss aus dem Verein ausgeschlossen.

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