Risikogebiet Die Gefahr für die Ostparksiedlung war lange bekannt

Düsseldorf · Die Ostparksiedlung war als Risikogebiet definiert. Das Hochwasser übertrifft aber schlimmste Erwartungen.

 Vergeblich versuchte hier ein Anwohner an der Zweibrückenstraße das Wasser an seinem Tor zum Grundstück mit Sandsäcken aufzuhalten.

Vergeblich versuchte hier ein Anwohner an der Zweibrückenstraße das Wasser an seinem Tor zum Grundstück mit Sandsäcken aufzuhalten.

Foto: Anne Orthen (orth)/Anne Orthen (ort)

„Hochwasserschutz an Bächen in der Stadt hat Lücken“, titelten Zeitungen im Jahr 2013. „Hochwasser kann Stadtviertel fluten“ lautete ein Jahr später die Überschrift. Was jetzt Wirklichkeit geworden ist, war aufgrund einer Analyse der Bezirksregierung längst bekannt. Vor allem die Ostparksiedlung wurde als Risikogebiet definiert, mit einer konkreten Folgenabschätzung. 2016 berichteten Medien: „Die Uferbereiche, so heißt es in den Berechnungen der Bezirksregierung, seien in einigen Bereichen nicht hoch genug. Von einer denkbaren Überflutung wären am linken Ufer der Düssel rund 300 Gebäude mit bis zu 900 Einwohnern betroffen, während am rechten Ufer vor allem mehrere Sportanlagen Gefahr liefen, überschwemmt zu werden. Im schlimmsten Fall könnte das Gelände bis zu einer Höhe von einem Meter komplett überflutet werden.“ Weiter hieß es, dass der Standort aufgrund einer hohen Betroffenheit von Menschen für Sanierungen Priorität genießen würde.

Tatsächlich lag bereits eine Machbarkeitsstudie vor, wie mit einer Investition von rund 600 000 Euro Deiche und Mauern immerhin auf einem Teilstück von gut 500 Metern errichtet werden sollten. Auf den Start der rund zwölf monatigen Bauarbeiten hoffte die Stadt damals 2018. „Doch es passierte nichts“, fasst es der langjährige Bezirksbürgermeister Karsten Kunert (SPD) zusammen. Erklären könne er sich das nicht.

Auch der Leiter des Stadtentwässerungsbetriebes Ingo Noppen kennt den Grund nicht, wie er mit Verweis auf seinen Amtsantritt erst im Jahr 2017 sagt. Aber er sagt auch, dass die Probleme jetzt deutlich weiter im Osten lagen, der Wall also nicht gegen dieses Hochwasser geholfen hätte. An diesen Stellen habe es auch „rein rechnerisch für den Fall eines Jahrhunderthochwassers kein Defizit gegeben“. Deshalb habe der Hochwasserschutz an anderen Stellen Priorität gehabt. Doch selbst etwa die erfolgte Renaturierung der Düssel in Vennhausen am Spaltwerk habe die Überschwemmung dort nicht verhindern können. „Die Wahrscheinlichkeit für ein Hochwasser dieser Art war einfach sehr gering.“ Die Ausmaße würden die erwarteten Folgen eines Jahrhunderthochwassers überschreiten. Deshalb spricht Oberbürgermeister Stephan Keller auch von einem Jahrtausendhochwasser.

Aus Sicht von Noppen kamen mehrere Dinge zusammen, die zu dieser Extremsituation führten: So ergoss sich der Starkregen nicht nur lokal, sondern großflächig. Und das auch noch über einen besonders langen Zeitraum. Zum einen war so die Kanalisation schnell überlastet, was dazu führte, dass Wasser in die Häuser drückte. Zum anderen stiegen die Pegel der Bäche und Nebenflüsse in der Stadt extrem an, aufgrund des örtlich gefallen Regens, aber auch durch Zuflüsse aus der Region.

Die Düssel ist laut Noppen vor allem betroffen, da sie ein großes Einzugsgebiet, also viele Zuflüsse hat. Die kommen zudem aus dem Bergischen Land, das besonders viel Regen ausgesetzt war. Das führte unter anderem zu einer zweiten Welle. War der Düsseldorfer Pegel der Düssel gegen 18 Uhr am Mittwoch auf 1,90 Meter gefallen, stieg er innerhalb von sechs Stunden auf 2,70 Meter, wie Noppen ausführt. Hier habe man rund 40 Zentimeter über dem für ein Jahrhunderthochwasser angenommenen Szenario gelegen.

Erschwerend hinzu kommt, dass der Rhein gleichzeitig Hochwasser führt, was aus Sicht von Noppen ebenfalls sehr unwahrscheinlich ist. Der Abfluss der nördlichen Düssel in den Rhein muss bald gestoppt werden, da der große dann in den kleinen Fluss zurückdrängen könnte. Pegelstände von bis zu 8,60 erwartet Noppen für den Rhein, was die Stadt aber vor keine Probleme stelle. Die Düssel werde in Richtung Norden weiter zum Kittelbach geleitet, der Abschnitt zum Rhein mit Schiebern abgetrennt. Die Parkplätze am Tonhallenufer und am Robert-Lehr-Ufer werden wohl morgen früh, die Tore am Unteren Rheinwerft zum Alten Hafen sowie an der Fährstraße in Hamm ab Freitagmittag abgesperrt.

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