Erinnerung Die Alleinunterhalterin

Gerne habe ich für diese Seite mal wieder in eines meiner Fotoalben geschaut, habe gelacht, war berührt. Jahrzehnte sind vergangen. Und meine Großeltern und Eltern leben nur noch in meinen Erinnerungen weiter.

 Weihnachten 1967: Annic Völkel (l.) mit Oma Lieschen (Elisabeth Hoffmann) und Oma Frieda (Elfriede Völkel).

Weihnachten 1967: Annic Völkel (l.) mit Oma Lieschen (Elisabeth Hoffmann) und Oma Frieda (Elfriede Völkel).

Foto: Völkel

Da ich das einzige Kind der Familie war, wurde der Heiligabend immer in der Wohnung meiner Eltern gefeiert. Ab mittags wurde die Wohnzimmertür abgeschlossen. Mein Vater stellte den Weihnachtsbaum unter Stress auf, meine Mutter dekorierte. Ich wartete. Festes Ritual an diesem Tag war, dass mein Vater und ich am Nachmittag mein Plastiksparschwein aufschlitzten und die Münzen zählten, mit denen es über das Jahr gefüttert worden war. Nach Weihnachten brachten wir das Geld gemeinsam zur Sparkassenfiliale, die es auch nicht mehr gibt, und zahlten es auf mein Sparbuch ein.

Doch zurück zum Heiligabend. Da kam der kleine Kreis bestehend aus meinen Eltern, meinen beiden Omas und meiner Tante (später auch ihrem Mann) zusammen. Das Wohnzimmer wurde geöffnet und dann kam mein Part als Alleinunterhalterin. Ich sang Lieder, sagte Gedichte auf. Als ich etwas älter war, spielte ich die Lieder auf der Flöte und die anderen sangen herrlich schräg mit. Nach all der Aufregung hatte ich mir die Bescherung dann wirklich verdient. Den ersten Weihnachtstag verbrachten wir stets bei Oma Lieschen, die uns Pfefferpotthast auftischte. Und am zweiten Weihnachtstag kam die kleine Familienschar wieder zu uns, weil meine Mutter Geburtstag hatte. Dass der auf Weihnachten fiel, hat sie ihr Leben lang geärgert. Gefeiert haben wir ihn aber trotzdem. A.V.

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