Der Sand als Farbe, die Finger als Pinsel

Setareh Gallery präsentiert Werke des iranischen Starkünstlers Mohsen Vaziri Moghaddam.

Der Sand als Farbe, die Finger als Pinsel
Foto: Thomas Frank

Auf einer großen Leinwand laufen gelbe Bahnen von oben nach unten. In das Gelb mischen sich breite schwarze Streifen. Als wären sie hineingekämmt oder mit den Fingern hineingekratzt worden. Sie kreuzen sich. Als würden sie gegeneinander kämpfen. Auf einem anderen Bild erscheint unten ein blauer Streifen. Darüber alles voller Linien, Schleifen und Kreise. Sie erinnern an Hieroglyphen. In rot und schwarz krachen sie ineinander. Wie ein flammendes Inferno, das über dem Meer niedergeht. Abstrakt und farbenfroh, magisch und rätselhaft, kriegerisch und apokalyptisch - so geht es zu in den Bildern des iranischen Starkünstlers Mohsen Vaziri Moghaddam. Sein Geheimnis: Er malt nicht nur mit Farben, sondern auch mit Sand. Sand in bunten Farben: schwarz, rot oder gelb. Und statt Pinsel verwendet er seine bloßen Finger. Mit seinen sogenannten „Sand Paintings“ avancierte Moghaddam zu einem Pionier der abstrakten Moderne im Iran. Nun gastiert der 93-jährige Künstler in der Setareh Gallery. Sie zeigt rund 30 Werke quer durch seine Schaffensphasen.

Inspiriert hat ihn ein Erlebnis in Italien, neben Teheran seine „zweite Heimat“: „1958 spielte er mit Freunden am Strand des Lago Albano, einem See nahe Rom. Der Sand dort ist ziemlich dunkel. In diesem Moment spürte er, dass er mit Sand künstlerisch arbeiten könnte“, erzählt Hamoun Vaziri, der 36-jährige Sohn des Künstlers.

Die „Sandkompositionen“symbolisieren menschliches Tun: „Mein Vater sagte schon immer: Was wir machen, machen wir mit den Händen. So sind die Linien im Sand sind Signaturen des Lebens“, kommentiert Hamoun Vaziri. Moghaddam stilisiert sich mit seinen „Sand paintings“ aber nicht zur Marke. Stattdessen sucht er permanent nach neuen Ausdrucksformen. Etwa mit Bildern, die an die „Action Paintings“ von Jackson Pollock erinnern: Ein Farbdickicht, hingeschleudert mit Weiß, Grau und Rot. Aber auch mobile Holzskulpturen hat er kreiert. In Deutschland ist Moghaddam leider kaum bekannt. Es wird Zeit, dass sich das ändert.

setareh-gallery.com

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