Der große Ansturm auf die junge Kunst

Die Kunstakademie wurde am Wochenende regelrecht überrannt. Mehr als 50 000 Gäste wurden insgesamt gezählt.

Düsseldorf. Sonntag abend atmeten die 520 Eleven vom Eiskellerberg erst einmal tief durch. So einen Andrang auf ihre junge Kunst hatten sie noch nie erlebt. Hochrechnungen gehen davon aus, dass dieser Akademie-Rundgang, die Leistungsschau der angehenden Maler und Bildhauer, alle Rekorde schlug. Danach kamen über 50 000 Besucher, und zwar nicht erst ab Mittwoch, sondern schon während der Prüfungen am Montag. Am Samstag und Sonntag schoben sich jeweils mindestens 8000 Neugierige durch die Gänge und Klassenräume.

Zeitweilig bildeten sich Besucherschlangen bis zur Ratinger Straße. Die Parkhäuser der Umgebung waren schon vormittags überfüllt. Autofahrer versuchten, in die enge Eiskellerstraße zu gelangen und mussten umdrehen, um wieder herauszukommen. Auch Besucher machten am Samstag wieder kehrt und kamen am Sonntag schon am frühen Vormittag, um vor verschlossenen Türen zu stehen. Einige Studenten hatten ganz einfach beim Mensa-Fest am Samstag-Abend zu lange gefeiert und ihren Wachdienst verpennt. Um 11 Uhr waren alle Klassenräume geöffnet.

Vier Security-Mitarbeiter standen im Eingang und dirigierten das Eintreten und Austreten der Gäste, um einer Staubildung wie bei der Love-Parade vorzubeugen. Die Akademie-Leitung hatte aus der Katastrophe von Duisburg gelernt. Alle Fluchtwege mussten offen gehalten werden. Die beliebte Mensa-Kost am Wochenende gab es nicht mehr. Die Tische mit den Brötchen und Würstchen hätten im Ernstfall den Durchgang auf dem Flur versperrt. Zu den Service-Leistungen gehörten ein Erste-Hilfe- und Wickelraum.
Dennoch mussten die Kunst-Fans nicht hungrig nach Hause gehen. In der Klasse TAL R hatte Jochen Görlach eine Kochnische gebaut. Er verkaufte non-stop Waffeln mit Puderzucker für einen Euro das Stück. Für den Erlös will er sich einen neuen Motor für sein altes Auto kaufen.


Trotz des Geschiebes und Gedränges ging relativ wenig Kunst zu Bruch. Marie Ogochi aus der Klasse Vermeiren hatte eine kleine, feine Skulptur aus Draht und Silberfolie in den Eingang gestellt und musste nun immer wieder erleben, wie Besucher gegen den Sockel stießen und das Werk auf den Boden warfen. In der Klasse Cragg kam eine große, schwere Holzarbeit von Tobias Nink zu Fall, weil eine Besucherin mit der Tasche dagegen gestoßen war. Studenten berichteten, wie Leute beim Fotografieren zurückgingen und dabei gegen die Fundamente stießen.

Einige Werke verschwanden auf Nimmerwiedersehen. Gleich am ersten Tag ging ein Dieb mit einem Bild an den Professoren vorbei, die sich um ihre Prüflinge kümmerten. Im Grafik-Raum der Klasse Anzinger vermisste man Papierarbeiten, die mit Klebestreifen oder Spezialgummi an die Wände geheftet waren. Sie wurden einfach abgezogen.

Schnäppchen-Jäger, die die Kunst nicht nur betrachten, sondern kaufen wollten, kamen kaum zum Zuge angesichts der Großobjekte. Die Zeiten, wo Immendorff-Schüler Bilder verkauften, scheinen passé zu sein.

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