Depression und Sport Depression: Laufen gegen die Leere in der Brust

Thorsten Stelter erlebte vor sechs Jahren eine Depression. Sport hat ihm geholfen, diese zu überwinden. Das will er nun weitergeben.

Depression und Sport: Depression: Laufen gegen die Leere in der Brust
Foto: Melanin Zanin

Düsseldorf. Thorsten Stelter ist wohl das, was man gemeinhin als einen „dynamischen Typ“ bezeichnen würde. Mit wachen Augen und einem ehrlichen Lächeln spricht er locker über das, was er erlebt hat und wie das sein Leben verändert hat. Dabei gehört einiges dazu, so offen davon zu erzählen. Der 40-Jährige durchlebte vor sechs Jahren eine Depression. Mühsam musste er sich zurück ins Leben kämpfen. Sport — Laufen im speziellen — hat ihm dabei geholfen. Nun will er seine Erfahrungen weitergeben und Mut machen. Denn er hat am eigenen Leib erlebt, wie sehr diese Erkrankung noch immer tabuisiert wird. Um Aufmerksamkeit auf die Erkrankung an sich zu lenken, startet er morgen einen Spendenlauf nach Leipzig, wo der Patientenkongress der Deutschen Depressionshilfe stattfindet.

„In dieser Phase hatte ich eine große emotionale Leere in mir“, versucht Stelter zu beschreiben, wie sich seine Krankheit im speziellen anfühlte. Er habe einfach nichts mehr spüren können, sagt er. Obwohl er immer sehr sportlich gewesen sei, habe er in dieser Phase damit aufgehört, regelmäßig laufen zu gehen. Seine Therapeutin habe ihn angeregt, wieder damit anzufangen. Und damit einen großen Schritt in Richtung Besserung angestoßen. „Man spürt das Sonnenlicht — oder den Regen auf der Haut. Riecht den Wald, spürt den Boden unter den Füßen“, sagt er. Das habe geholfen, wieder zu lernen, sich auch selbst zu spüren.

In Kombination mit Therapie und Medikamenten habe er so wieder den Weg zu sich gefunden — und vieles in seinem Leben verändert. Vor der Erkrankung arbeitete Stelter als Rechtsanwalt. „Da herrschte viel Druck — von Seiten der Vorgesetzten, aber auch ich habe mir Druck gemacht“, sagt er. Irgendwann sei eine Schmerzgrenze erreicht gewesen. Danach habe sich sein Blickwinkel verändert. „Ich lege inzwischen auf andere Dinge wert.“ Er könne mehr auf die kleinen Dinge achten. Er sei gelassener geworden, lasse sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen.

Und hilft auch anderen, die in einer ähnlichen Lage sind. Regelmäßig bietet er eine Laufgruppe für depressiv Erkrankte an und gibt seine Erlebnisse weiter. Er höre immer wieder, dass Menschen sich kaum trauten, über ihre Krankheit zu sprechen. „Wenn es um psychische Erkrankungen geht, haben noch viele das Irrenhaus im Kopf“, sagt er. Dabei sei es eine Erkrankung wie etwa ein gebrochener Arm — nur könne man die halt nicht sehen.

Mit seinem Spendenlauf will er mehr Aufmerksamkeit erreichen. So einen Dauerlauf — immerhin legt er in Etappen 455 Kilometer zurück — würde er aber trotzdem nicht jedem empfehlen. „Da muss man schon sehr gut vorbereitet sein.“ Den Vorwurf, er laufe so ja nur vor seinen Problemen weg, weist er entschieden zurück. „Man erlebt bei so einem Lauf so viele Höhen und Tiefen — körperlich, aber auch emotional. Das erfordert Kraft“, sagt er. Sich auf diese Weise zu spüren und zu erfahren, sei für ihn aber trotzdem immer eine wichtige Erfahrung.

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