Düsseldorf-Stockum Das versteckte Kunststoff-Museum

In einer großen Messehalle in Stockum lagern der letzte Trabi, das erste Kunststoff-Fahrrad und die erste gelbe Telefonzelle.

Düsseldorf-Stockum: Das versteckte Kunststoff-Museum
Foto: Michaelis

Düsseldorf. 1998 eröffnete das NRW-Forum mit einer großen Schau zum Kunststoff-Design. In den kommenden fünf Jahren wurden viele Schätzchen von anno dazumal gezeigt, darunter der letzte Trabi von 1991 direkt aus dem Sachsenringwerk in Zwickau. Er gilt heute nicht nur als Kultobjekt, sondern als Zukunftsauto. Stahlblech war rar und teuer, so verpassten die „Ossis“ der Karosserie Baumwollfasern vom sowjetischen Brudervolk aus Usbekistan, die sie in Kunstharz tränkten. Wer den Düsseldorfer Trabi finden will, muss allerdings suchen. Er lagert mit 10.000 anderen Kunststoff-Objekten in einer Messehalle versteckt und verstaut. Er gehört zu einem vergessenen Museum.

Die Geschichte dieses Museums ist ein trauriges Kapitel Düsseldorfer Design-Geschichte. Sie beginnt 1952 mit der Kunststoffmesse K, die sich längst zur weltgrößten Fachmesse der Kunststoff- und Kautschuk-Industrie gemausert hat. 1986 wurde der Kunststoff-Museums-Verein (KMV) gegründet, der noch heute vom Verband der Kunststoff erzeugenden Industrie (Plastics Europe Deutschland) und der Messe Düsseldorf unterstützt wird.

Er erhielt im Landesmuseum Volk und Wirtschaft 300 Quadratmeter für eine Dauerausstellung. Als aus dem Landesmuseum das NRW-Forum wurde, durfte der Verein zum Auftakt das neue Haus bespielen. Er sah die Schau als ersten Schritt für ein Kunststoff-Museum. Das Ziel hat er nie erreicht.

2003, nur fünf Jahre nach der Eröffnung, verschwand der Kunststoff mitsamt dem Kunststoff-Verein aus dem NRW-Forum. Wolfgang Schepers, der als stellvertretender Direktor des Kunstmuseums die Erstlings-Schau betreute, bevor er 1999 Museumschef in Hannover wurde, behielt seinen Wohnsitz in Düsseldorf. Er ist heute Präsident des Museums-Vereins.

Er erzählt vom Abgesang: „Nach den ersten eigenen Ausstellungen fand sich niemand mehr, der etwas kuratieren wollte. Man einigte sich daher auf Dauerausstellungen im Ehrenhof. Auch die konnte der Verein jedoch nicht betreuen. Wir hatten auch niemanden für die Vermittlungsprogramme. So entschieden wir uns, aus der Dauerausstellung Wanderausstellungen zu machen.“

Die Kuratorin Uta Scholten inventarisiert die Sammlung, die im Lager in den Stockumer Höfen auf bessere Zeiten wartet. Wer dort vorbei schaut, findet vollgestopfte Regale, Raritäten in Kisten und Kästen. Was sich nicht verpacken lässt wie die erste Telefonzelle aus Kunststoff von 1978, steht in den Gängen. Es gibt Gegenstände aus dem 1907 erfundenen Bakelit.

Es finden sich Kuriosa wie ein schwedisches Kunststoff-Fahrrad von 1982, das im Karton geliefert wurde und zu Hause zusammengesetzt werden musste. Schepers erzählt: „Die Technik war nicht ausgereift. Beim Bausatz fehlten häufig Teile, Ersatzteile bekam man jedoch nicht. Da die Tretkurbeln spröde wurden und im Winter leicht brachen, nahm man das Rad aus dem Verkauf.“

Nur durch ein Blatt Papier gegen Schmutz geschützt, lagern empfindliche Dinge aus Celluloid. Ein Fächer etwa, der so laut rappelt, dass er jede Opernaufführung stören würde. Gefragt sind die alten Pantonstühle, denn der Möbeldesigner Verner Panton hatte Ende der 1950er Jahre den ersten hinterbeinlosen Stuhl aus Kunststoff erfunden.

Vor wenigen Wochen brachte ein älterer Herr aus Stockum einen Bakelit-Eimer, den er in der Garage am Haus seiner Eltern gefunden hatte. Denn gesammelt wird weiterhin.

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