Serie Das Vereinsleben sollte ein Lustgewinn sein

Düsseldorf · Im fünften Teil der Vereins-Serie geben wir sechs Tipps, wie es gelingen kann, den Alltag im Verein abwechslungsreich und überraschend zu halten.

 Die Lahnfahrt des Ruderclubs Germania dauert über mehrere Tage, drei bis sechs Ruderboote sind immer dabei.

Die Lahnfahrt des Ruderclubs Germania dauert über mehrere Tage, drei bis sechs Ruderboote sind immer dabei.

Foto: Ursula Fischer

Ein Verein vereint im Sinne des Wortes Menschen, die einen Zweck auf Dauer verfolgen, selbst dann, wenn die Mitglieder wechseln. Bewährt sich die Vereinsidee, wächst und expandiert die Gruppe. Der Verein konzentriert sich zunehmend auf die Perfektionierung der Abläufe und die Optimierung der Effizienz, bis er einer gut geölten Maschine gleicht. Was dabei gedämpft wird oder gar verloren geht, ist die leidenschaftliche Begeisterung der Mitglieder. Es ist deshalb von entscheidender Wichtigkeit, den Vereinsgeist lebendig zu halten. Sechs Ideen dazu:

Immer wieder neue Fest-Organisatoren Die Routine eines Sommer- oder Weihnachtsfestes lässt sich zum Beispiel leicht durchbrechen, wenn man jedes Jahr zwei neue „Projektleiter“ akquiriert, diesen ein kleines Briefing und ein Budget gibt und diese dann frei machen lässt. Ortswechsel, Live- oder DJ-Musik, Reden oder Interviews, mit Moderation oder ohne, mit Buffet oder gesetztem Essen – nichts bleibt in diesem Puzzle gleich. Eine Wundertüte, die jedes Mal neu Spaß macht.

Routine durchbrechen Überhaupt braucht man Fantasie und den Mut etwas auszuprobieren. Wenn etwas dann doch scheitert, sollte man diese Idee beerdigen. Doch man kann probeweise zum Beispiel ein Vereinsmeeting einmal im Jahr rückwärts laufen lassen. Zuerst die Verabschiedung und am Schluss die Begrüßung.

 Malte W. Wilkes, Business-Redner, Unternehmensberater, Buchautor war Präsident des BDU, des größten Berater-Verbandes der Welt.

Malte W. Wilkes, Business-Redner, Unternehmensberater, Buchautor war Präsident des BDU, des größten Berater-Verbandes der Welt.

Foto: Wilkes

Redezeit begrenzen Einmal im Jahr kann man auch das Präsidium unter freundlichen Druck setzen. Nämlich dann, wenn viele Reden angesagt sind, zum Beispiel bei der Mitgliederversammlung. Die Zuhörer erhalten eine Rote Karte und halten diese hoch, wenn sie den Redner nicht mehr hören wollen. Wenn 50 Prozent und ein Mitglied im Saal die Karte heben, muss der Vortragende mitten im Satz aufhören.

Mitglieder feiern Vereine sollten ihre Mitglieder zu Helden machen und groß herausstellen. Dazu sind Urkunden für besondere Leistungen, öffentliche Würdigungen und Lob von Leistungen besonders gut geeignet. Die Frau des Jahres, das Mitglied mit den meisten Aktivitäten. Nicht zu vergessen sind Mitgliedsjubiläen, aber auch die Würdigung der besten Idee für die Neumitgliedergewinnung. Das Präsidium baut eine Bühne, hebt nicht sich, sondern möglichst viele Leute darauf und setzt diese unter Applaus ins Rampenlicht. Nicht nur auf der jährlichen Mitgliederversammlung, sondern bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

Gastfreundlich sein Wichtig ist, Mitglieder zu animieren, jederzeit Gäste mitzubringen. Gäste sollten von Anfang an Lust auf den Verein bekommen. Ein Vizepräsident Gästebetreuung begrüßt die Neuen individuell, erklärt etwas zum Club und gibt den Interessierten die Gelegenheit, vielleicht an dem einen oder anderen Punkt schon mitzumachen. Willkommen in der Familie.

Besondere Gäste einladen Experten, die eine flammende Rede zum Vereinsthema halten und von denen die Mitglieder etwas lernen können, begeistern und beleben das Geschäft: Persönlichkeiten aus der Politik, der Wirtschaft, des Sports oder der Kunst. Vielleicht zweimal im Jahr zu einem besonderen Anlass, sonst wäre es keine Überraschung mehr.

Die genannten Aktionen sollten immer sollten diese Aktionen auf den Zweck des Vereins einzahlen. Mitglieder eines Golfclubs fahren nicht irgendwo hin zum Picknick, sondern spielen dort auch Golf. Es geht nicht um das reine Wir-Gefühl, Community-Building genannt, sondern um den spannendsten Club an sich. Zudem sollten solche Aktionen nicht immer gleich und nicht immer zur gleichen Zeit stattfinden. Man kann pro Jahr ein paar Sondermaßnahmen streichen und andere neu erfinden. Konzeptionell und organisatorisch begibt man sich in die Hand eines kreativen Vizepräsidenten.

Fazit Verhindere Routine. Fördere das Unerwartete. Zahle dabei immer auf den Vereinszweck ein. Wachse durch Faszination und Attraktion wie selbstverständlich über das klassische Vereinsgeschehen heraus. Emotion und Intelligenz gehen dann Hand in Hand. Das Festival der Emotionen ist der Differenzierungsfaktor zu allen anderen Vereinen. Schlaumeier mit Herz.

Der Autor Malte W. Wilkes, Business-Redner, Unternehmensberater, Buchautor war Präsident des BDU, des größten Berater-Verbandes der Welt. Zudem entwickelte er den Redner-Club Düsseldorfer Toastmasters als Präsidiumsmitglied zum größten in Europa.

Wie genau das Vereinsleben attraktiv gehalten werden kann, wissen die Ruderer aus Hamm. „Das Miteinander der Menschen im Verein ist mindestens genau so wichtig wie der Sport selbst“, sagt Maren Derlien auf die Rolle des Vereinslebens angesprochen. Der Ruderclub Germania Düsseldorf 1904 bemüht sich daher ständig, neben den Trainingseinheiten genügend Raum für den Austausch unter den Vereinsmitgliedern zu bieten. „Schließlich soll man sich nicht nur auf das Rudern freuen, sondern auch auf die Menschen, die man im Clubhaus trifft und die die Freude am Sport mit einem teilen.“ Und Maren Derlien, selbst Weltmeisterin im Doppel-Vierer, weiß, wovon sie spricht: „Das Vereinsleben ist das, was den Sport ausmacht. Man geht nicht einfach nur rudern, man erlebt auch noch etwas.“

444 Mitglieder haben die Ruderer aktuell, die Mitglieder sind zwischen sieben und 80 Jahren alt. „Im Clubhaus kommen alle zusammen und automatisch ins Gespräch. Da setzt sich der Zehnjährige neben den 70-Jährigen aufs Ergometer und beide reden über das Training, die Erfolge oder die kommenden Herausforderungen“, sagt Derlien. Jeden Mittwoch gibt es einen Clubabend – erst wird gerudert, danach gemeinsam zusammengesessen. Neben Tages- oder Wanderfahrten sollen die Vereinsmitglieder auch bald beim neuen „Clubabend plus“ zusammenkommen: An diesem Abend werden Referenten eingeladen und zu verschiedenen Themen befragt. So ist angedacht, eine Hautärztin zum Thema Sonneneinstrahlung und Rudern im Clubhaus in Hamm vortragen zu lassen.

Neben dem fast schon obligatorischen Jahresempfang, dem Sommerfest und der Mitgliederversammlung gibt es laut Maren Derlien im Ruderclub Germania Düsseldorf viele weitere Aktionen und Veranstaltungen, die das Vereinsleben abwechslungsreich gestalten – unter anderem das Anrudern am 1. Mai, die Fahrt zum Partnerclub Fermoy Rowing Club zum St. Patrick‘s Day, ein Spargel- und ein Gänseessen, die Kinder-Nikolausfeier und das Damenkränzchen in der Weihnachtszeit. Das Düsseldorfer Marathonrudern, mittlerweile zum 45. Mal ausgetragen, ist mit fast 1000 Teilnehmern die größte Breitensportveranstaltung der Ruderer in Deutschland. Die Benefiz-Regatta „Düsseldorf am Ruder für Menschen mit Krebs" im Medienhafen und der Weihnachts-Ergo-Cup sind weitere Veranstaltungen, die jährlich durchgeführt werden.

„Es haben sich, auch dank der vielen Aktionen neben den Trainingseinheiten, sehr viele Freundschaften im Verein gebildet“, sagt Derlien. Und diese Freundschaften funktionieren auch außerhalb des Vereins. „Es finden sich immer wieder kleinere Grüppchen zusammen, die Ausflüge oder Touren machen, die nicht vom Verein organisiert sind.“

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