Das Geisterviertel des Jan Wellem

Der Kurfürst plante einen Prachtbau - größer als Versailles. Düsseldorfs Erweiterungsgebiet im Süden, das heutige Regierungsviertel ist noch ein Stadtteil im Wartestand.

<strong>Düsseldorf. Das Gebiet zwischen der Carlstadt und Bilk gehört nicht gerade zu den bevorzugten Wohn- und Geschäftsadressen der Stadt. Obwohl nicht wenige Düsseldorfer Prominente wie Jürgen Rüttgers (Ministerpräsident) und Herbert Schenkelberg (Polizeipräsident) hier ihren Schreibtisch haben, gilt das Viertel rechts und links der Neusser Straße als städtebauliches Sorgenkind.
Optisch bestimmt wird das Bild von nüchternen Verwaltungsbauten, den Auf- und Abfahrtsrampen der Kniebrücke, den Ein- und Ausfahrten des Rheinufertunnels, den tristen Parkplätzen am Apollotheater und am Jürgensplatz, hässlichen Baulücken an der Moselstraße oder leerstehenden Häusern an der Hubertusstraße.

Nichts verdeutlicht die Misere des Viertels besser als der Tatbestand, dass der Bezirk scheinbar keinen verbindlichen Namen hat. Im Grundbuchamt wird das Gebiet als "Neustadt" ausgewiesen, in der amtlichen Stadtkarte "Unterbilk" und im Volksmund "Regierungsviertel" genannt.

Bis die Stadt mit dem voreilig ausgewiesenen Bauflächen etwas Sinnvolles anfangen konnte, vergingen Jahrzehnte. Während der nördliche Teil der Extension unter Karl Theodor sich seit 1787 langsam zur heutigen Carlstadt entwickelte, blieb das Gebiet zwischen Berger Tor und Lorettokapelle (heute St. Martin) ein Problemfall. Bis zum Ende der pfalz-bayerischen Herrschaft wuchs hier nur urbanes Stückwerk. Entlang der Neusser Straße waren neben kleinen Manufakturen einige Wohnhäuser, darunter das palaisartige Domizil des Hofbankiers Joseph Jacob von Geldern (jetzt Hubertusstift), entstanden.

Mit Gründung des Landes NRW hatte der Landtag im Ständehaus seine Arbeit aufgenommen. Ende der 1950er Jahre lagen mehr durch Zufall als durch Planung sieben der elf Regierungsstellen im Einzugsbereich der Neustadt. 1961 erklärte der Stadtrat das Gebiet zwischen Strom-, Harold-, Elisabethstraße und Fürstenwall zum Umlegungsgebiet, um hier ein eigenes Regierungsviertel zu schaffen. Die Realisierung von Neu- bzw. Umbauten für die Landesregierung erfolgte bis heute aber nur kleckerweise.

Schlossbau Jan Wellem war als Landesherr nur Kurfürst, als Bauherr neuer Schlösser allerdings der Kaiser. Egal ob Umbau oder Neubau - für Jan Wellem galt nur das Think-Big-Prinzip. Angesichts der Folgekosten mag mancher Finanzminister von heute froh sein, dass Jan Wellem nur in Bensberg einen seiner Schlossbaupläne verwirklichen konnte. Auch der großartige Plan des Architekten Matteo de Alberti für ein neues Schloss in Heidelberg (Bild oben), der lange Zeit irrtümlich der Düsseldorfer Neustadt zugeschrieben wurde und Versailles in den Schatten stellen sollte, blieb unausgeführt.

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