Hörzeitung Das „Düsseljournal“ liefert Nachrichten zum Hören nun schon seit 200 Wochen

Düsseldorf · Einmal die Woche werden für sehbehinderte Menschen Zeitungsartikel eingelesen – im August gibt’s eine Sonderausgabe.

 Katja Dziadzka ist eine der Sprecherinnen des Sprechstil-Ateliers in Düsseldorf, die jede Woche Zeitungsartikel für das Düsseljournal einsprechen. 

Katja Dziadzka ist eine der Sprecherinnen des Sprechstil-Ateliers in Düsseldorf, die jede Woche Zeitungsartikel für das Düsseljournal einsprechen. 

Foto: Judith Michaelis

„Auch wir wollen Bescheid wissen, was sich vor unserer Tür abspielt“, sagt Elisabeth Stiebeling. Sie ist die Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins Düsseldorf. Für Menschen, die nicht oder nicht mehr gut sehen können, ist der Zugang zu Print- oder Online-Nachrichten eingeschränkt. Gerade für die lokalen Nachrichten bleibt dann nur das Radio. Seit einigen Jahren gibt es in Düsseldorf aber zusätzlich noch eine weitere Möglichkeit: Das Düsseljournal, eine Zeitung zum Hören. Anfang August erscheint die 200. Ausgabe.

Für das Düsseljournal lesen geschulte Sprecher ehrenamtlich einmal pro Woche wichtige und interessante Artikel aus der WZ ein. Schon 1974 gab es den Vorgänger, der damals noch Düsseldorfer Tonbandzeitung hieß. Dafür wurden die Artikel noch auf Kassetten gespielt und verschickt. Als der damalige Verantwortliche die Aufgabe nicht mehr allein stemmen konnte, musste sich das Team neu organisieren - die Hörzeitung wurde professioneller. Geschulte Sprecher übernahmen das Lesen, der Verein „ATZ“ die Vervielfältigung und Verteilung.

Das neue Düsseljournal erscheint nun seit Oktober 2016. Jede Woche gibt es hier ausgewählte Artikel der vergangenen Woche und wichtige Nachrichten aus dem Blindenwesen - etwa aus dem Verein, die Elisabeth und Günter Stiebeling beisteuern. Jeden Montag erhalten die Nutzer eine CD per Post oder einen Download-Link, mit dem sie ihre Wochenzeitung anhören können. Etwa 90 Personen bekommen das Düsseljournal - damit ist es eine der größten Hörzeitungen in Deutschland. Die meisten leben in Düsseldorf, manche sind weggezogen, wollen aber noch wissen, was in ihrer alten Heimat passiert. Die Hörzeitung ist kostenlos, nicht nur für Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenvereins. Die Sprecher haben kostenlosen Zugriff auf die Ausgaben der WZ, für die Kopierkosten gibt es einen Zuschuss von der Stadt Düsseldorf, den Rest trägt der Verein.

Der W. Zetti darf auf keinen Fall fehlen

Welche Artikel eingelesen werden, das entscheiden die fünf Sprecher jeweils selbst. „Der W.Zetti darf nicht fehlen“, sagt Günter Stiebeling. Außerdem gebe es einige Sportbegeisterte unter den Nutzern, die Neuigkeiten von der Fortuna oder der DEG hören wollen. Nachrichten aus dem Rathaus seien häufig interessant und auch ein bisschen „Mord und Totschlag“, also Polizeinachrichten dürften nicht fehlen, sagt Elisabeth Stiebeling. Wichtig seien für die Hörer auch Nachrichten rund um die Rheinbahn, wenn etwa Strecken gesperrt sind oder irgendwo der Aufzug repariert wird. „Die Sprecher wissen, welche Nachrichten zu uns passen“, sagt Günter Stiebeling.

Zwischen 90 Minuten und zwei Stunden dauert so eine Zeitungsausgabe. Sie erscheint im sogenannten Daisy-Format, „Digital Accessible Information System“, also „Digitales System für den Zugang zu Informationen“. Das hat den Vorteil, dass die Hörer zwischen den einzelnen Stücken springen können. Wer sich also nicht für Polizeiliches oder den Sport interessiert, kann einfach „Weiter“ drücken. „Ein bisschen wie beim Zeitungslesen“, sagt Günter Stiebeling.

Im August steht nun die 200. Ausgabe des Düsseljournals an. Eigentlich habe man dieses Jubiläum mit einem Lesecafé feiern wollen, bei dem sich Sprecher und Hörer auch mal persönlich treffen können. Doch wie so vieles in diesem Jahr wurde dieser Plan durch Corona durchkreuzt. Stattdessen gibt es eine bunte Jubiläums-Ausgabe.

Die Toten Hosen, die Band Alt Schuss, Sänger Enkelson und der inklusive Chor „Blind Date“ haben einen musikalischen Rahmen beigesteuert. Oberbürgermeister Thomas Geisel hat ein Grußwort eingesprochen - genau wie Hermann Dremel und Werner Kahle vom Verein ATZ. Der Kabarettist Jens Neutag stellt Teile seines Kabarettprogramms zur Verfügung. Er war es auch, der 2016 den Kontakt zum „Sprechstilatelier“ hergestellt hat, das Absolventen der Sprecherausbildung für das Düsseljournal vermitteln konnte.

Zusätzlich haben die Sprecher Gedichte, Märchen und Geschichten ausgesucht. Interviews mit Hörern geben einen Einblick in die Anfänge der Tonbandzeitung. „Es ist eine sehr bunte Mischung. Wir schätzen, dass es zwei bis drei Stunden werden“, sagt Günter Stiebeling. Die Jubiläumsausgabe soll in der ersten Augustwoche erscheinen.

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