Schulprojekte in Düsseldorf Ein Coach stärkt Niederkasseler Grundschüler und macht sie resilient

Düsseldorf · In der Grundschule in Niederkassel hilft Coach Juliane Kasper den Kindern der vierten Klasse mit Stress umzugehen.

Juliane Kasper (links) erarbeitet mit Schülern, wie sie mit Ängsten und Stress umgehen können.

Juliane Kasper (links) erarbeitet mit Schülern, wie sie mit Ängsten und Stress umgehen können.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Unbeschwert sollte eine Kindheit sein. Aber ist das in Zeiten von Corona, Krieg und Krise überhaupt möglich? In Wahrheit sind schon Kinder an Grundschulen gestresster, als man als Erwachsener glauben würde. Juliane Kasper weiß das. Als Coach kommt sie in die vierten Klassen der Niederkasseler Grundschule, um die Schüler zu stärken. Das Zauberwort heißt „Resilienz“.

Griffiger ist der Name für die Schüler: das „Bamboo Projekt“. Bamboo heißt auf Deutsch Bambus – „und ähnlich wie der Bambus, der jeden Sturm gut übersteht und durch seine biegsamen Halme wieder stabil wird, solle es am besten auch den Kindern gehen“, sagt Juliane Kasper. Vor rund drei Monaten hat sie als Coach an der Grundschule Niederkassel gestartet. Einmal pro Woche kommt sie für zwei Stunden in den Unterricht. Heute bei der 4b.

Schnell kehrt Ruhe im Klassenzimmer ein. Alle 22 Kinder schauen Richtung Tafel. Thema heute: „Ich fühle mich gestresst und ängstlich und ich überdenke alles.“ Ziel der Stunde ist es, herauszufinden, was die Kinder in ihrem Alltag stresst. Juliane Kasper teilt die Klasse in fünf Gruppen ein, die erstaunlicherweise am Ende fast alle die gleichen Punkte nennen: Stress durch die Schule, Streit mit der Familie, Streit mit Freunden, Termin- und Zeitdruck. Laut einer Studie werden Umwelt- und finanzielle Probleme auch noch sehr häufig genannt.

Aber wie kommt man damit besser klar? Kasper: „Es steckt in jedem von uns die Fähigkeit, schwierige Situationen gut zu bewältigen. Man muss nur seinen Gedankengang oder -lauf kennen, um seine Gefühle zu verstehen, und in die richtige Richtung zu leiten.“ Die Düsseldorferin hat jahrelang Führungskräfte in der freien Wirtschaft in Veränderungsprozessen begleitet und gecoacht. Nun arbeitet sie mit jungen Menschen. „Das Thema Resilienz und der Umgang damit haben mich schon sehr lange beschäftigt“, sagt sie. Gerade durch die Corona-Zeit habe die mentale Gesundheit vieler Kinder gelitten. Deshalb sei es umso wichtiger, die Kinder und Jugendlichen jetzt da abzuholen, wo sie stehen.

Laut Studie hat jedes sechste Kind mit negativen Gedanken zu tun

Und das ist nicht immer mitten im Leben – sondern auch daneben. Laut einer Studie habe jedes sechste Kind mit negativen Gedanken zu tun, sagt Kasper. Außer ihr gebe es bislang nur eine weitere Trainerin von der Organisation „iheart“ in Deutschland, die sich um das Thema Resilienz bei Kindern und Jugendlichen kümmere. „iheart“ kommt aus England, wurde 2018 gegründet und hat sich auf die Unterstützung junger Menschen, Eltern, Schulen und Pädagogen spezialisiert. Kasper – selbst Mutter einer 17-jährigen Tochter – wünscht sich, dass das schwierige Feld viel mehr beackert wird: „Das Thema mentale Gesundheit im Schulalltag ist so wichtig. Denn wenn wir neben der Spur laufen, können wir auch nicht vernünftig lernen.“

Ähnlich sieht das Rektorin Imke Hankammer, die das Projekt an die Niederkasseler Grundschule geholt hat. Sie suchte und fand dafür Unterstützer: „Zum Teil wird das Projekt vom Land aus Corona-Geldern finanziert, zum Teil durch Spenden beziehungsweise Fördergelder.“ Bald haben alle vierten Klassen daran teilgenommen. Hankammer möchte aber gerne weitermachen: „An unserer Schule werden viele Kinder von ihren Eltern in die alltäglichen Dinge und Geschehnisse mit einbezogen. Das ist auch gut so. Aber Kinder, die gut informiert sind, machen sich auch Gedanken. Da ist es wichtig, sie auch manchmal richtig abzuholen.“

Gerade in der 4. Klasse sei das Projekt gut und passend aufgehoben, findet Rektorin Hankammer: „Das ist jetzt genau die richtige Zeit, denn viele Kinder machen sich Sorgen, wie es auf der weiterführenden Schule weitergeht. Da kommen andere Sachen auf als Sätze wie: ‚Du bist nicht mehr meine Freundin‘. Der Druck wächst enorm und da ist es schon wichtig, dass die Kinder gestärkt aus der Grundschule an der weiterführenden Schule ankommen.“

Die Schüler der 4b machen bei Kaspers Besuch den Eindruck, das komplexe Thema gut zu verstehen – und es anzunehmen. „Wie die Klasse zusammenarbeitet und die Schüler sich untereinander verstehen und helfen, ist für mich als Coach sehr schön zu sehen“, sagt Kasper. „Meine Arbeit und mein Ansatz kommen an, das macht mich und die Kinder zufrieden.“

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