Carsch-Haus: Shop ’til you drop - Vom 1-Euro-Trödel bis zum Top-Designer zu Halbmondpreisen

Carsch-Haus Shop ’til you drop: Vom 1-Euro-Trödel bis zum Top-Designer zu Halbmondpreisen

Carsch-Haus: Shop ’til you drop - Vom 1-Euro-Trödel bis zum Top-Designer zu Halbmondpreisen
Foto: Bernd Nanninga/Stadtarchiv

Düsseldorf. Der Sommer hat gerade mal richtig angefangen, da wird er schon wieder ausverkauft. Sämtliche Schaufenster haben verklebte Augen: Sale ist die Seele vom Geschäft. Gerader in der Modestadt Düsseldorf scheint Shoppen zum täglichen Bedarf zu gehören, obwohl es gerade damit immer weniger zu tun hat. Man könnte fast meinen, Bedarfsbefriedigung hätte sich hier umgekehrt in Befriedigungsbedarf. Da ist das neue Luxus-Outlet Saks off 5th Store im ehemaligen Carsch-Haus das Tüpfelchen auf dem I von In-Sein mit It-Bag.

Carsch-Haus: Shop ’til you drop - Vom 1-Euro-Trödel bis zum Top-Designer zu Halbmondpreisen
Foto: Bernd Nanninga/Stadtarchiv

Die Leuchtreklamen in den Haltestellenhäuschen hatten es ja schon Wochen zuvor angekündigt: „Düsseldorf wird noch schnöseliger“. Geht’s noch? Ja, im altehrwürdigen Carsch-Haus. Das hat ja schon einiges hinter sich: Vor über 100 Jahren als Kaufhaus errichtet an der Grenze von der Alt zur Neustadt, von den Nazis umbenannt in „Kaufhaus des Westens“, zwangsverkauft, sprich enteignet im Zuge der Arisierung. Nach dem Krieg konnte man dort dann wieder wirtschaftswunderbare Waren kaufen.

Im Jahr 1974 dann der große Abriss in der Geschichte des Carsch-Hauses: 4800 Einzelteile des Gebäudes wurden sorgfältig nummeriert, katalogisiert, in Volmerswerth zwischengelagert, um dann zehn Jahre später in leicht versetzter Lage neu aufgebaut zu werden, mit der alten Fassade davor.

Das Carsch-Haus sollte dann für Düsseldorf so was sein oder werden wie das KaDeWe in Berlin oder das Alsterhaus in Hamburg. Das Konzept war aber über die Jahre immer irgendwie unentschlossen und funktionierte auch nicht wirklich als schnöselige Schwester zum benachbarten Traditions-Kaufhof, bei dem es schon längst nicht mehr wie in der alten Werbung „alles unter einem Dach“ gab, besonders, seit es alles im Internet gibt.

Und nun der neuer Versuch des neuen Kaufhof-Eigners, des kanadischen Konzerns Hudson’s Bay: Die europaweit erste Filiale seines Luxus-Outlet-Konzepts Saks off Fifth Avenue. Kenner nuscheln es ähnlich wie ihren SUV: „Es-O-Five“. Diese Zielgruppe mag hier am Ziel ihrer Wünsche sein.

Und was gibt’s da jetzt so für die? Ansichtssache: (Zu?) viele Handtaschen und Sonnenbrillen, natürlich Designer-Klamotten, auch Wohn-Accessoires. Auf jedem Preisschild wird genau ausgerechnet, was man, vor allem Frau spart. Beispiel: Ein schöner, schlichter, schwarzer Mantel von Armanis Zweitmarke Emporio für 199 Euro: „You save 213,01 Euro“, signalisiert der Anhänger. Oder vielleicht lieber dieser seidige schwarze Anorak von Prada für nur noch 299 Euro?

Die Düsseldorfer Designerin Dorothee Schumacher vertickert im neuen Haus ihre Kleidchen für 219 Euro. Ihr Flagship-Shop ist nur ein paar Meter entfernt. „Kratzt an der Marke!“ kommentiert ein Branchen-Insider während der exklusiven Pre-Opening-Party und kratzt sich wie zur Verstärkung der Botschaft am eigenen Kopf.

Stella McCartneys kettengesäumte Taschen sind ja eigentlich schon wieder out. Fraglich, ob dafür noch Eine 449 Euro hinlegt, wo sie doch bei ebay oft nur noch die Hälfte kosten. Shopper von Dolce & Gabbana kosten 199 Euro, ein Shirt von denen 39,99 Euro. Auch zwischen meterlang aufgereihten Schuhkartons kann hier man hier kauflustvoll seine Freizeit verbringen, Schnäppchen machen oder einfach einen Regenschauer abwarten.

Keine Frage: Das neue Haus ist eine Bereicherung für Düsseldorf als Shopping-Stadt, erst recht, wenn endlich auch das Umfeld mit dem Musik-Pavillon neu gestaltet ist. Im neuen Carsch-Haus, bekommt man das Eine oder Andere, das über zwei Straßen auf der Kö zu Mondpreisen angeboten wird, zu Halbmondpreisen. Doch für die wahren Fashionistas und Mode-Freaks, die immer und überall das Neueste vom Neuen als Erste haben müssen, dürften solche Überhänge, wie es in der Fachsprache heißt, wohl nicht mehr als ein anderes Wort für Altkleider sein.

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