Bürgerentscheid: Stadt, CDU und FDP in der Kritik

Interview: Thorsten Sterk von „Mehr Demokratie in NRW“ kritisiert den Umgang von Stadt, CDU und FDP mit dem Bürgerentscheid.

WZ: Herr Sterk, Sie sprechen beim Bürgerentscheid "Rettet den Golzheimer Friedhof" von einem Tiefpunkt der politischen Kultur in Düsseldorf. Warum?

Thorsten Sterk: Weil hier Oberbürgermeister Erwin und die Ratsmehrheit zu einem Boykott der Abstimmung aufrufen. Sie sagen den Leuten, geht da gar nicht hin - und das ist nun wirklich undemokratisch.

WZ: Erwin und die CDU sagen: Wer den Victoria-Erweiterungsbau nicht verhindern will, soll mit Nein stimmen oder nicht hingehen.

Sterk: Das ist doch schlimm genug. Der Sinn von mehr direkter Demokratie liegt ja darin, die Bürger zur Teilhabe zu motivieren. Dass ausgerechnet die FDP als vermeintliche Partei der Bürgerrechte ganz direkt zum Zuhausebleiben aufruft, ist peinlich.

WZ: Warum müssen die Bürger von Benrath oder Kaiserswerth unbedingt über einen Parkplatz an der Fischerstraße abstimmen?

Sterk: Natürlich ist es sehr schwierig, die zu mobilisieren. Und das Quorum von mindestens 20 Prozent der Stimmen für ein Bürgerbegehren lädt geradezu ein zu solchen Boykottversuchen. Aber besser ist es, wenn sich eine Stadt auseinandersetzt über ein wichtiges Thema. In Münster zum Beispiel gibt es eine Bürgerinitiative gegen den Bau einer Musikhalle - jetzt hat sich eine Gegenkampagne gebildet, die aktiv für die Musikhalle eintritt. So soll es sein.

WZ: Sie werfen der Stadt Düsseldorf dauernd Tricksereien vor. Dabei läuft dieser Bürgerentscheid doch fair - mit Benachrichtigung aller Bürger, Briefwahl und 200 Wahllokalen.

Sterk: Erfreulich sind in der Tat die 200 Wahllokale. Die Stadt Duisburg hat zuletzt nur 37 geöffnet, als es um ein Freibad in Rheinhausen ging. Ansonsten erfüllt OB Erwin nur Selbstverständlichkeiten: Benachrichtigungen und Briefwahl werden vom Land vorgeschrieben. Ärgerlich ist aber der Termin des Bürgerentscheides - die Stadt hätte ihn gut mit dem Entscheid über den Verkauf des Jan-Wellem-Platzes zusammenlegen können.

WZ: Die haben in der Sache doch gar nichts miteinander zu tun.

Sterk: Na und? Es werden auch Kommunal- und Bundestagswahlen am gleichen Tag durchgeführt und haben nichts miteinander zu tun. Zwei Bürgerentscheide an einem Tag würden viele Steuergelder sparen und die Wahlbeteiligung erhöhen.

WZ: Sie werben für die Abschaffung des 20-Prozent-Quorums. Dann reichte eine handvoll Stimmen um den Rat auszuhebeln.

Zahlen: Bürgerbegehren und Bürgerentscheide gibt es in NRW seit 1994. Bisher kam es hier zu 136 Bürgerentscheiden, 70 scheiterten am Quorum, 16 fanden keine Mehrheit und 50 waren erfolgreich - in Düsseldorf war es der Stadtwerke-Entscheid 2001.

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