Bündnis fürchtet um Zivilcourage

Drei Prozesse nach Demos gegen Rechte. Pensionierter Lehrer soll 1500 Euro für ein hochgehaltenes Schild zahlen.

Bündnis fürchtet um Zivilcourage
Foto: Dieter Sieckmeyer

Kaspar M. hatte vor dem Max-Haus ein Schild in der Hand gehalten. „Die AFD ist in Düsseldorf nicht willkommen“ stand darauf. Gestern musste sich der 55 Jahre alte Lehrer vor dem Amtsgericht verantworten, weil er die Demonstration nicht angemeldet und damit gegen das Versammlungsgesetz verstoßen hatte. „Das ist ein eklatanter Fall. Hier werden Leute kriminalisiert, weil sie Zivilcourage zeigen“, empörte sich Pater Wolfgang Sieffert, der zusammen mit anderen Prominenten vor dem Gerichtsgebäude demonstrierte. In den nächsten Wochen werden noch zwei weitere Fälle verhandelt, bei denen es Strafanzeigen nach Demonstrationen gegen Rechte gab.

Nicht nur der Altstadt-Pater unterstützt die Proteste des Bündnisses „Düsseldorf stellt sich quer. Auch Zakk-Geschäftsführer Jochen Molck Fifty-Fifty-Chef Hubert Ostendorf und Fotografin Katharina Mayer zeigten gestern bei der Demonstration Flagge. Für sie ist der Fall von Kaspar M. besonders krass und zeige eine bedenkliche Entwicklung.

„Ich weiß nicht, warum ich hier bin“, erklärte der bisher nicht vorbestrafte Aktivist der Richterin, die wegen der zahlreichen Unterstützer in einen Saal des Landgerichtes ausweichen musste. Er hatte im April vergangenen Jahres dagegen protestiert, dass im Max-Haus eine Podiumsdiskussion stattfand, zu der auch ein Vertreter der AFD eingeladen war. Das Schild dazu hatte er sich aus dem Gewerkschaftsfundus besorgt: „Aber ich habe vorher nicht zu einer Demonstration eingeladen.“ Allerdings hatte Kaspar M. den Polizisten vor Ort erklärt, dass er als Ansprechpartner zur Verfügung stehe. Ohne jeden Zwischenfall wurde die Protestaktion wieder beendet.

Trotzdem hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und dem Ex-Lehrer einen Strafbefehl über 1500 Euro geschickt. Dagegen legte Kaspar M. Berufung ein. Richterin Silke Boriss wollte das Verfahren eigentlich einstellen, allerdings gegen Zahlung von 600 Euro. Weil Kaspar M. sich darauf nicht einlassen wollte, müssen jetzt Zeugen angehört werden. Viele Zuhörer, darunter auch Menschenrechtlerin Gülsen Celebi, verließen den Saal kopfschüttelnd: „Das verstehen die Menschen nicht.“.

Den Vorwurf von „Düsseldorf stellt sich quer“, dass Bürger mit Zivilcourage von der Justiz eingeschüchtert werden sollen, weist Elena Frick, die Sprecherin des Amtsgerichtes, zurück: „Das Gericht behandelt die Verfahren, die von der Staatsanwaltschaft unter Anklage gestellt werden. Ganz unabhängig davon, ob es sich um Straftaten der linken oder der rechten Szene handelt.“ Dazu gehören auch rechte Hass-Kommentare in den sozialen Medien. Die politische Gesinnung spiele für die Justiz überhaupt keine Rolle.

Ähnliche Protestaktionen könnten sich in den nächsten Wochen wiederholen. Am 20. Februar sitzt ein weiterer Aktivist des Bündnisses auf der Anklagebank des Amtsgerichtes. Der soll 2500 Euro zahlen, weil er beim Wahlkampfauftakt der AFD an einer Sitzblockade teilgenommen hatte.

Zu einer Geldstrafe von insgesamt 8800 Euro wegen Landfriedensbruchs waren Torsten N. und Mischa A. vom Amtsgericht verurteilt worden. Sie sollen bei einer Demo gegen die Republikaner dazu aufgefordert haben, eine Polizeisperre zu durchbrechen. Die Berufung wird am 9. März vor dem Landgericht verhandelt.

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