Stadtteile Ein neues Buch erzählt vom linksrheinischen Düsseldorf

Düsseldorf · Klaus Bahners hat mit „Heerdter Erinnerungsorte“ ein Buch über Rituale und verschwundene Orte geschrieben. Auch über die Linde vor dem Bürgermeisteramt.

 Klaus Bahners schildert auf 150 Seiten die Geschichte von Heerdt unter dem Aspekt der Erinnerungsorte. Viele davon sind längst verschwunden.

Klaus Bahners schildert auf 150 Seiten die Geschichte von Heerdt unter dem Aspekt der Erinnerungsorte. Viele davon sind längst verschwunden.

Foto: Klaus Bahners/Stephanie Vennemann

Im Kulturhafen Heerdt, einer Stiftung von Andreas Bahners und seiner Frau, drängelten sich die Zuhörer, denn der Redner Klaus Bahners ist ein Urgestein, wie alle Bahners. Und sein neues Buch über die „Erinnerungsorte“ liegt ihm am Herzen. Denn er möchte, dass das Produkt nicht nur bei Gossens an der Luegallee gekauft, sondern auch gelesen und bedacht wird.

Die Bahners sind seit über hundert Jahren aus Heerdt nicht wegzudenken. Michael Bahners saß im Gemeinderat Heerdt, als der heutige Stadtteil noch selbstständig war. Dessen Sohn Benedikt Bahners gehörte nach der Eingemeindung von Heerdt dem Düsseldorfer Stadtrat von 1910 bis zur Novemberrevolution an. Der nächste Bahners, abermals mit Vornamen Michael, war Schützenchef mit Unterbrechungen von 1937 bis 1973. Sein Sohn Klaus Bahners, der Buchautor, saß lange Zeit im Vorstand des Bürgervereins Heerdt und war stellvertretender Schuldirektor im Ursulinen-Gymnasium. Dessen Sohn Andres Bahners ist aktueller Schützenchef, stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes St. Antonius und Benediktus sowie Vorsitzender des Fördervereins der katholischen Grundschule in Heerdt. Und Klaus Bahners Neffe Carsten Bahners ist neuer Vorsitzender des Bürgervereins Heerdt.

Kirchenvorsteher Reinarz berichtet von Regeln im Dorf

Diese Großfamilie Bahners hat unendlich viele Erinnerungsorte in Heerdt. Klaus Bahners machte daraus ein Buch mit 150 Seiten. Den Einstieg nimmt er bei einem Lindenbaum. Auslöser ist ein Aufsatz von 1873 über ein „Weistum“. Das ist eine Satzung mit zehn Regeln zur Viehhaltung und Weidenutzung, die vor 300 Jahren vom 1760 verstorbenen Kirchenvorsteher Wilhelm Reinarz aufgesetzt wurde. In dem Aufsatz erinnert Reinarz an besagte Linde, die 1833 vor dem Bürgermeisteramt gestanden haben soll. Wie wichtig dieser Baum war, geht aus einer Bemerkung hervor, dass bei einem Problem im Dorf ein Hirte die Einwohner dorthin zusammentrommeln musste. Wer nicht erschien, wurde bestraft.

Für Klaus Bahners gibt es viele Erinnerungsorte in Heerdt, die längst verschwunden sind. Da ist etwa das Heerdter Loch, die Stelle des Rheindurchbruchs bei Hochwasser im heutigen Heerdter Rheinpark, neben dem Heerdter Krankenhaus. Dort trat der Rhein mehrmals über die Ufer und lagerte Kies ab, so dass es in den 1950er Jahren sogar ein Baggerloch dort gab, wie heute noch am Albertussee.

Ein Erinnerungsort kann ein abgerissenes, geschichtsträchtiges Gebäude wie das ehemalige Heerdter Rathaus oder ein verwandeltes Denkmal wie der Heerdter Bunker sein, der sich heute mit einer silbern funkelnden Fassade präsentiert, nachdem Andreas Bahners ihn in ein „Papillon“ verwandelt hat. Und der Bunker am Handweiser ist schon heute ein Erinnerungsort nicht nur an den Krieg, sondern auch an den Frieden.

Gleichsam alle Heerdter Erinnerungen bündeln sich im Nikolaus-Knopp-Platz. Zehn Straßen führen auf ihn, aus Oberkassel, Lörick, Krefeld, Neuss und Büderich. In der Vergangenheit war der Platz der „Nabel“ im Linksrheinischen, mit der Kirche und dem Rathaus im Zentrum. Die Straßen gibt es noch heute, nur hießen sie bis auf die Krefelder Straße einstmals anders. So hieß die Pariser Straße bis zur Eingemeindung Kölner Straße, Alt Heerdt war die Oberstraße, die Pestalozzistraße war die Schulstraße und zuvor die Neusser Straße, weil sie nach Neuss führte. Mit dem „umstrittenen Ausbau“ des Knopp-Platzes durch die Rheinbahn kann sich Klaus Bahners noch nicht anfreunden. Mit dem Hochbahnsteig und den monströsen Gleiskörpern sei der Platz jetzt kein Platz mehr, sondern zur Rennstrecke geworden.

Mit den Hochbahnsteigen wird der Stadtteil zweigeteilt

Was Klaus Bahners wurmt, ist die zusätzliche Zweiteilung von Heerdt. Die erste wurde von der Stadt 1955 mit der Brüsseler Straße geplant, mit Zufahrt zur Nordbrücke. Es war zugleich das Gründungsdatum des Heerdter Bürgervereins, der eine ebenerdige Stadtautobahn von Kaarst über den Rhein nicht hinnehmen wollte. Will der Autofahrer von Heerdt nach Lörick oder Büderich fahren, so gelangt er heute unter den Brücken dorthin. Und wer zum Seestern und nach Oberkassel will, gelangt über die Brücke auf dem Heerdter Lohweg zum Ziel.

Klaus Bahners könnte sich noch viele Erinnerungsorte in Heerdt vorstellen, etwa Ereignisse wie Hochwasser, die man an Messlatten demonstrieren könnte. Er denkt an reale wie mythische Gestalten, Ereignisse, Gebäude, Denkmäler, Institutionen, Begriffe, Bücher und Künstler. Sein Büchlein nennt er ein „stichwortartig angelegtes Geschichtsbuch über Heerdt“. Die konkrete Umsetzung überlasse er, so sagt er, den einzelnen Personen.

Für diejenigen, die sich konkret mit Erinnerungsorten in Heerdt befassen wollen, gibt Bahners sogar Quellenmaterial an. Eines aber ist für ihn klar: Omas Häuschen oder Tante Emmas Bude gehören nicht dazu. Die Orte sollten geschichts- oder kulturträchtig sein.

„Heerdter Erinnerungsorte“ von Klaus Bahners erscheint bei den Vereinten Druckwerken, Neuss. Es wird bei Gossens, Luegallee, und im CBT-Wohnhaus, Alt Heerdt 3-5, für 15 Euro angeboten.

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