Blitz-Evakuierung nach Bombenfund in Düsseltal

Großeinsatz: Die Fliegerbombe lag direkt an der Straße. 1000 Anwohner mussten ihre Häuser in kurzer Zeit verlassen.

Düsseldorf. "Diese Überraschung ist wirklich gelungen." Wilfried Mayer erwartete gerade die ersten Gäste zu seinem 86.Geburtstag, als es gestern Mittag an seiner Tür in der Hallbergstraße klingelte. Stattdessen standen dort Mitarbeiter des Ordnungsamtes und teilten ihm mit, er müsse seine Wohnung unverzüglich verlassen. Bauarbeiter stießen um 11.18 Uhr direkt an der Fahrbahn der Graf-Recke-Straße auf eine Bombe. Sofort wurde eine Blitz-Evakuierung eingeleitet.

1072 Anwohner in einem Radius von 250 Metern um die Fundstelle mussten ihre Häuser verlassen. Bis zu einer Entfernung von 500 Metern sollten die Menschen ihre Fenster geschlossen halten und sich nicht auf der Straße bewegen. Nach der Sitzung des Krisenstabes wurden rund 60 Kräfte des Ordnungsamtes losgeschickt, um den inneren Gefahrenbereich zu räumen. Innerhalb von anderthalb Stunden. "So schnell haben wir das noch nie gestemmt", sagt eine Mitarbeiterin.

Gegen 15.30 Uhr fuhren und gingen die letzten Patrouillen des Ordnungsamtes durch die kleinen Gassen des Düsseltaler Viertels. Die meisten Betroffenen seien kooperativ, erklären die Mitarbeiter. Einige wollten aber schnell noch wichtige Unterlagen oder wertvollen Schmuck zusammenpacken. "Die Zeit geben wir ihnen." Wenige Minuten, bevor um 16Uhr die Entschärfung beginnen sollte, mussten jedoch auch noch uneinsichtige Anwohner vertrieben werden - und ein Gaffer an Heinrichstraße, der "möglichst viel mitbekommen" wollte.

Indessen füllte sich die Sammelstelle für Anwohner in der Heinrich-Heine-Gesamtschule ungewöhnlich stark. "Wohl, weil die Evakuierung so kurzfristig war", glaubt Stadtsprecher Volker Paulat. Etwa 60 Menschen kamen, 16 von ihnen mussten mit Rettungswagen aus der Gefahrenzone gebracht werden. "Das hat wunderbar geklappt - und alle waren freundlich", findet die 81-jährige Marlies Bahlmann. Auch Wilfried Mayers Geburtstagsgäste wurden samt ihrer Heinemann-Tortentüten von den Einsatzkräften der Polizei durch die Straßensperren und zur Schule geleitet.

Um 16.40 Uhr kam der erlösende Anruf: Die Bombe ist entschärft. Auch für Jost Leisten vom Kampfmittelbeseitigungsdienst Rheinland ein Moment der Erleichterung. Bei der britischen Fünf-Zentner-Bombe konnte er keinen Roboter einsetzen, musste den Zünder mit der Hand herausdrehen. Und dann den Detonator herausziehen - der gefährlichste Punkt. Als würde man ein Streichholz über die Reibefläche ziehen, ohne es entzünden zu dürfen. Es war Leistens erste Entschärfung, seit Anfang Juni in Göttingen drei seiner Kollegen durch eine Fliegerbombe ums Leben kamen. "Darüber denke ich gar nicht nach", sagt Leisten. "Seit 14 Jahren entschärfe ich Bomben, sprenge Granaten. Ein bisschen stumpft man ab." Nur seine Frau, die besteht auf einen prompten Entwarnungsanruf. Und den bekam sie auch gestern als Allererste.

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