Der Sitz des Bundesverband Deutscher Bestatter ist in Düsseldorf-Unterbilk Bestatter: „Wir sind für Friedhöfe“

In Unterbilk sitzt der Bundesverband Deutscher Bestatter. Generalsekretär Stephan Neuser über Trends und die Bedeutung von Orten der Trauer.

Der Sitz des Bundesverband Deutscher Bestatter ist in Düsseldorf-Unterbilk: Bestatter: „Wir sind für Friedhöfe“
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Hätten Sie’s gewusst? Düsseldorf — ausgerechnet das fröhliche Rheinland — ist Sitz des Bundesverbandes Deutscher Bestatter. An der Volmerswerther Straße laufen Fragen zur Bestattungskultur, zu Trends und No-Gos zusammen. Wir sprachen mit Generalsekretär Stephan Neuser über das Mehr an anonymen Bestattungen, Asche, die zum Diamant gepresst wird — und das Vorsorgen zu Lebzeiten für den Tod.

Herr Neuser, der Bundesverband Deutscher Bestatter sitzt in Düsseldorf. Wieso?
Stephan Neuser:
Weil unser größter Landesverband NRW ebenfalls in Düsseldorf sitzt. Wir haben in ganz Deutschland über 3000 Mitgliedsunternehmen — davon über 1000 in NRW. Und da Bestatten Ländersache ist, machte auch ein Hauptsitz in Berlin keinen Sinn.

Ist Bestatten ein Gewerbe mit Trends?
Neuser:
Davon wird viel gesprochen — aber vor allem geht es um die Frage: Was ist hier zulässig? Inzwischen sind wir in Deutschland bei 60 Prozent Feuerbestattungen — wobei es da deutliche regionale Unterschiede gibt. In Ostdeutschland sind es etwa 80 Prozent, in Sauer- und Münsterland hingegen gibt es noch mehr Erdbestattungen. Aber das ist der wirkliche, große Trend. Ansonsten gibt es heute etwa „Diamantbestattungen“ — da wird die Asche des Verstorbenen zu einem Diamant gepresst, den man dann mit nach Hause nehmen kann. In der Schweiz zum Beispiel ist das möglich. Hier aber nicht. Wir haben eine Beisetzungspflicht.

Wie stehen Sie dazu? Sollten die Angehörigen nicht selbst entscheiden können, was mit den Überresten ihrer Lieben passiert?
Neuser:
Wir als Bundesverband sind weiter für Friedhöfe. Sonst fehlt ein öffentlich zugänglicher Ort für Trauer.

Und warum darf ich nicht die Asche eines Verstorbenen hier in Düsseldorf an seinem Lieblingsplatz verstreuen?
Neuser:
Wir haben neben der Beisetzungs- auch eine Friedhofspflicht. Wenn ich die Asche eines lieben Menschen etwa in die Düssel streue, dann gibt es keinen Ort mehr, wo man des Verstorbenen gedenken kann. Freunde und Verwandte aus dem Ausland vielleicht, die es nicht zur Beisetzung schaffen. Es gibt in NRW aber Streuwiesen — nicht in Düsseldorf, aber etwa in Bielefeld. Oder man kann die Aschenkapsel in der Nordsee beisetzen und bekommt die Koordinaten des genauen Beisetzungsortes. Das gilt dann aber auch als Feuerbestattung.

Kann ich auch einen Teil der Asche beerdigen und einen Teil in der Nordsee beisetzen?
Neuser:
Nein, in Deutschland können die Überreste nur als Ganzes beigesetzt werden. Die „Unteilbarkeit der Asche“ hat der Bundesgerichtshof jüngst noch einmal in einem Urteil bestätigt. Ausgangspunkt waren Mitarbeiter eines Krematoriums, die vor dem Verbrennen Zahngold von den Leichen gestohlen hatten.

Wie kann ich sicherstellen, dass ich so bestattet werde, wie ich es selbst möchte?
Neuser:
Da empfiehlt sich eine Bestattungsvorsorge. Die macht man beim Bestatter — zu Lebzeiten. Da kann ich meine individuellen Wünsche festlegen. Und sie auch finanziell absichern.

Was kostet denn eine durchschnittliche Bestattung heute?
Neuser:
Das ist sehr schwer zu sagen, weil es große regionale Unterschiede gibt. Die durchschnittliche Erd- oder Feuerbestattung kostet zwischen 2800 und 3900 Euro. Hinzu kommen Friedhofsgebühren und Kosten für Grabpflege und Grabmal.

Gibt es denn heute überhaupt noch Menschen, die sich mit einer solchen Vorsorge für ihren eigenen Tod beschäftigen?
Neuser:
Das nimmt sogar zu. Bis 2004 gab es noch gesetzliches Sterbegeld von den Krankenkassen. Das ist aber weggefallen und seither sorgen immer mehr Menschen schon zu Lebzeiten vor.

Haben sich denn Trauerfeiern verändert?
Neuser:
Es ist heute viel individualisierter. Mit dem Bestatter werden die Feiern gut besprochen, persönliche Elemente wie Musikwünsche und Deko mit einem Bild des Toten fließen ein; zum Teil gibt es sogar professionelle Trauerredner.

Gibt es denn noch Klassiker wie Kränze und Leichenschmaus, die überdauern?
Neuser:
Viele Familien wünschen sich zwar heute, dass anstelle eines Kranzes für gute Zwecke gespendet wird. Aber das klassische Kaffeetrinken im Anschluss an die Beisetzung ist nicht aus der Mode. Auch weil der Brauch seine Berechtigung hat. Den Angehörigen hilft es ungemein, zu sprechen, die Trauer zu teilen, sich gemeinsam zu erinnern. Das ist eine sinnvolle Sache.

Kommen die Menschen heute besser oder schlechter mit den Themen Verlust und Trauer zurecht?
Neuser:
Die Menschen sind zumindest informierter, das Thema Tod ist kein Tabuthema mehr. Und es gibt viel Hilfe. Bestatter arbeiten heute sehr serviceorientiert, bis hin zur Rentenabmeldung, die sie übernehmen.

Ein Serviceberuf mit Zukunft?
Neuser:
Wir haben keinen Fachkräftemangel. Bestatter ist ein anerkannter Ausbildungsberuf, den sehr viele junge Menschen ergreifen wollen. Er ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, als ein sehr sozialer Beruf. Keiner wechselt mehr die Straßenseite, weil ein Bestatter auf ihn zukommt.

Was ist mit anderen Kulturen, die in Deutschland leben? Haben auch sie ein Recht auf „ihre“ Bestattung?
Neuser:
Ja, haben sie. Jüdische Friedhöfe gibt es ja schon lange. 2014 wurden explizit die Rituale der Muslime ins Gesetz aufgenommen. Es gibt heute Grabfelder auf den Friedhöfen, die nach Mekka ausgerichtet sind, muslimische Vereine können auch eigene Friedhöfe eröffnen. Und Muslime können schon seit 2003 in NRW auch im Tuch bestattet werden — wobei der Großteil nach wie vor in die Herkunftsländer überführt wird.

Wie gefallen Ihnen denn die Düsseldorfer Friedhöfe?
Neuser:
Ich finde es schade, dass die Flächen für anonyme Bestattungen wachsen. Da hat man Rasenflächen, auf denen plötzlich irgendwo Teddys oder Blumen liegen. Viele wollen ihren Angehörigen die Grabpflege ersparen. Aber es gibt zig Formen der Urnenbestattung, die sehr pflegeleicht sind. Anonym ist so ein Trendwort. Aber die Teddys und Blumen zeigen ja, dass es eben doch Menschen gibt, die einen Ort der Trauer haben wollen. Im Tod namenlos zu werden, ist nicht notwendig.

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