Bei Kraftwerk trifft Hipster auf Bildungsbürger
Fans aller Generationen nehmen weite Anreisen auf sich, um ein Konzert der Band zu erleben.
Düsseldorf. Christel Beutner musste lange warten. Mehr als ihr halbes Leben lang. Immer wieder habe sie geschaut, wo die Band gerade spielt. Immer wieder wurde sie enttäuscht. Entweder hatte die heute 60 Jahre alte Duisburgerin genau dann keine Zeit, oder es gab keine Karten mehr.
Über Jahrzehnte hatte sie nur ihre Platten und CDs, später auch die DVDs. Musik aus der Konserve. Jetzt steht Beutner vor dem K20 und ist „ganz aufgeregt, Kraftwerk nach mehr als 40 Jahren endlich mal live erleben zu dürfen“.
Es ist eine illustre Mischung, die sich am Grabbeplatz eingefunden hat, um ein Stück Musikgeschichte zu erleben. Nicht vergleichbar mit anderen Konzerten, auf denen elektronische Musik gespielt wird. Bildungsbürger im besten Alter mischen sich mit jungen Hipstern, exzentrische Künstler stehen in der Schlange neben Familien mit Kleinkindern.
Es gibt keinen offenen Schwarzmarkt, keine aus Vorfreude tanzenden Fans, kein Leergut auf dem Boden. Der Einlass läuft ruhig und geordnet. Einzig auffällig: Zahlreiche Fans tragen rotes Hemd und schwarze Krawatte, das Kraftwerk-Outfit auf dem Cover des Albums Mensch-Maschine aus dem Jahr 1978, das an diesem Abend aufgeführt wird.
Natürlich ist dieser Abend für viele eine Reise in die Vergangenheit, aber eben auch nicht: Kraftwerks Schaffen ist zeitlos, immer aktuell. Man braucht kein bestimmtes Alter, um das anzuerkennen. Wer den Gesprächen vor dem K20 lauscht, hört viel über den „großen Einfluss“, die „Pionierarbeit der Band“. Und der ein oder andere Gast gefällt sich in der Rolle des Auserwählten, des Szenekenners, der eine Karte ergattern konnte, um etwas Historisches zu erleben.