Beethoven mit sehr kühlem Kopf

Saraste dirigiert in der Tonhalle analytisch — aber nicht mitreißend.

Beethoven mit sehr kühlem Kopf
Foto: Felix Broede

Ludwig van Beethoven hatte eine heitere, sonnige Seite. Davon zeugen seine beiden F-Dur-Sinfonien: die Sechste (Pastorale) und die Achte. Beide Werke standen nun auf dem Programm beim Heinersdorff-Konzert in der Tonhalle. Das renommierte WDR Sinfonieorchester unter der Leitung seines finnischen Chefdirigenten Jukka-Pekka Saraste bot eine sehr durchdachte Interpretation.

Das in Köln ansässige Rundfunkorchester gehört zu den feinsten Klangkörpern im Land und steht für musikalische Solidität. Vor allem Hörern des Kultursenders WDR 3 dürfte der Sound des Orchesters vertraut sein und sie in eine heimelige Stimmung versetzen. Das Beethoven-Programm trägt zur Erhöhung des Wohlfühlfaktors bei, präsentiert es doch eine Welt ohne Wolken — von der kurzen musikalischen Gewitter-Illustration in der „Pastorale“ einmal abgesehen.

Saraste und sein Orchester gehen mit sehr kühlem Kopf an Beethovens Musik heran. Die Dramaturgie der Spannungsbögen zeigt sich klar strukturiert. Jeder Akzent sitzt, das straffe Tempo steigert die Stringenz, und doch wirkt nichts übereilt. Bis auf ein paar Unpässlichkeiten bei den Horn-Soli macht die Aufführung einen technisch und gestalterisch perfekten Eindruck.

Bei Beethoven kommt man mit einer solch analytischen Herangehensweise recht weit, aber leider auch nicht bis hinter die Ziellinie einer wirklich mitreißenden Aufführung. Der Bonner Meister und Wahl-Wiener Beethoven war ja ein ziemlicher Feuerkopf. Sehr viel stärker als seine Lehrer Haydn und Mozart geht er mit seinen Werken über das Spiel mit den Musikformen hinaus und bringt seine Persönlichkeit mit ein. Der Ausdruck von Freude besitzt bei Beethoven wilde Energie. Eine domestizierte Darbietung bremst den Schaum, und dann wird es ein bisschen langweilig.

Der festlichen Wirkung der tänzerischen Achten Symphonie tut das strikte Dirigat keinen Abbruch, auch wenn das Stück dadurch sehr zeremoniell erscheint. Doch die „Pastorale“ benötigt denn doch mehr leidenschaftlichen Impetus. Vor allem die dankbare Freude der Hirten nach Überstehung des bedrohlichen Sturmgewitters fiel in dieser Darbietung ziemlich verhalten aus. Auch der Schlussapplaus im gut besuchten Saal hielt sich in den Grenzen höflicher Anerkennung.

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