Bahnhofsmission: Eine Anlaufstelle für die Gestrandeten

Die Bahnhofsmission hilft seit 112 Jahren Menschen — und manchmal sogar einem Vögelchen.

Bahnhofsmission: Eine Anlaufstelle für die Gestrandeten
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Die sechsjährige Lena lässt sich schminken, Maria Rönsberg-Peil faltet an einer Origamiblume und vor dem Warteraum für Kinder von der Bahnhofsmission Düsseldorf gibt es Kaffee und Kuchen. Auch einige Fortuna Fans holen sich am Samstag vor dem Spiel ein Stück. „Es gibt in Deutschland etwa hundert Bahnhofsmissionen, die heute alle den Tag der Bahnhofsmission feiern“, erklärt Barbara Kempnich, die seit 2007 bei der Diakonie arbeitet. In der Regel, sagt sie, organisiere man den Tag der Bahnhofsmission in Anlehnung an ein überregional festgelegtes Motto. „In diesem Jahr ist das Motto ,Armut’, allerdings haben wir uns entschlossen, dem nicht ganz treu zu sein.“

Der Grund dafür ist die neue Kinderlounge, die zu diesem Anlass vorgestellt wird. „Das ist ein Wartebereich am Düsseldorfer Hauptbahnhof, der von der Bahnhofsmission kindgerecht ausgestattet wurde.“ Darin sehen die Wände aus wie Wiesen, es gibt ein Kasperletheater, ausgewählte Kinderbücher in verschiedenen Sprachen, eine Ecke zum Stillen der Kleinsten sowie einen Wickeltisch. So gut ausgestattet seien Bahnhofsmissionen nicht immer gewesen, sagt Kempnich. Die erste Bahnhofsmission in Düsseldorf wurde 1902 eröffnet. „Der Wunsch einiger Frauen aus dem evangelischen Augustahaus sowie dem katholischen Luisenheim war, den Frauen zu helfen, die zum ersten Mal alleine in die Stadt zogen“, erklärt sie. Man habe sie fernhalten wollen von Prostitution und Ähnlichem. Dazu wurde im Wartesaal der dritten Klasse ein Schreibtisch aufgestellt, an dem man ankommenden jungen Frauen Hilfe bot. Kempnich: „Viele sind dann in die christlichen Häuser gezogen.“ Die beiden Kirchen seien sich dabei zunächst gar nicht grün gewesen, so Robert Modliborski vom Verband für katholische Mädchensozialarbeit. In der Bahnhofsmission in Düsseldorf arbeitet er heute eng mit Barbara Kempnich von der evangelischen Diakonie zusammen. „Es gab lange nach Konfession getrennte Schreibtische“, sagt er. Mittlerweile vereint das Logo der Bahnhofsmissionen beide Konfessionen. „Der gelbe Streifen steht für die katholische Kirche, das rote Kreuz für die evangelische.“

Barbara Kempnich und Robert Modliborski lächeln, wenn sie von Menschen erzählen, denen sie helfen konnten. „Vor einer Weile bat uns eine schwedische Familie um Hilfe, die auf ihrer Reise durch Deutschland beklaut wurde und sich den Rückflug nicht mehr leisten konnte“, berichtet Modliborski. „Wir haben ihre Familie in ihrer Heimat ausfindig machen können und Ihnen so geholfen, den Rückflug zu finanzieren.“

„Ein anderes Mal brachte eine Frau einen Vogel zu uns, der gegen eine Wand geflogen ist“, erinnert sich Kempnich, „einen Grünfink, gemeinsam mit der Frau haben wir ihn gepflegt und gerettet.“ Die Vielfalt der Menschen im Bahnhof sei toll: „Vom Obdachlosen bis zum jungen Manager — jeder Typus braucht irgendwann einmal Hilfe.“

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