Auf gute Nachbarschaft übers Internet

Über das Online-Netzwerk „Nextdoor“ sollen die Menschen in einem Viertel Beziehungen aufbauen können.

Auf gute Nachbarschaft übers Internet
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Schnell mal ein Päckchen Zucker von nebenan holen, eine Bohrmaschine ausleihen oder die Bierbankgarnitur für die nächste Party organisieren. Sollte in einer Großstadt wie Düsseldorf kein Problem darstellen. Jedoch leben die Menschen in Städten oft anonym und kennen ihre Nachbarn nicht immer persönlich. Hier soll eine neue Internetplattform Abhilfe schaffen. Das amerikanische Unternehmen Nextdoor will dabei helfen, Nachbarn miteinander zu vernetzen und einen lokalen Austausch von Dienstleistungen zu fördern.

In Deutschland gibt es schon andere Netzwerke wie „Nebenan“ oder „WirNachbarn“. Aber diese haben die Idee von Nextdoor kopiert. Seit 2006 gibt es das amerikanische Unternehmen schon, seit wenigen Monaten aber erst in Deutschland. Ausgelassen ist die Stimmung an diesem lauen Sommerabend. Der PR-Manager Marcel Burian hat den ersten Stammtisch der Nachbarn bei seinem Lieblingsitaliener in Düsseldorf organisiert. Der 35-Jährige lebt von Geburt an in Friedrichstadt und schätzt die Menschen in seinem Stadtteil. „Hier bei Gino gibt es leckeres italienisches Essen, das Gemüse stammt vom Händler nebenan und die besten Drinks gibt es bei Toni in der Botschaft.“ Dieser hat für Nextdoor sogar einen eigenen Cocktail kreiert.

20 sogenannte Botschafter aus Düsseldorf, Neuss oder Dortmund haben sich versammelt, um sich kennenzulernen und auszutauschen. Der gebürtige Düsseldorfer Marcel Burian hat in den letzten Wochen über die Internetplattform zahlreiche neue Freunde kennen gelernt. Auch für ihn als Unternehmer hat es sich gelohnt: „Einige Kunden konnte ich dazu gewinnen. Das ist aber nicht meine Intention. Die Liebe und der Zusammenhalt unter den Nachbarn soll gefördert werden.“ Seine Familie stammt aus Kroatien und dort sei es selbstverständlich, dass man sich mit seinen Nachbarn unterhält und sich gegenseitig hilft. „Das fehlt mir hier in Düsseldorf. Man kennt sich flüchtig und grüßt sich auf der Straße, aber mehr nicht.“

Am Nebentisch unterhält sich Philip Perez mit anderen Botschaftern aus Düsseldorf. Er wohnt in der Nachbarschaft Königsallee-Carlsplatz der mittlerweile 1800 Leute angehören. Für ihn ist Nextdoor ein Gegenpol zu globalen Netzwerken. „Während man sich bei Facebook weltweit vernetzt, zielt Nextdoor darauf ab, die unmittelbaren Nachbarn kennenzulernen.“

Er betreibt mit seiner Lebensgefährtin ein Kosmetikgeschäft an der Königsallee. Die beiden sind erst seit wenigen Monaten in Düsseldorf und lernten über das Netzwerk zahlreiche neue Menschen kennen. Für die letzte Party haben sie innerhalb von Minuten kostenlos eine Bierzeltgarnitur organisiert.

Eddy Theodor hat eine Nachbarschaft auf Nextdoor gegründet. Er wohnt im Düsseldorfer Norden und kann sich den Namen für sein Viertel aussuchen. Rund um seinen Showpavillon möchte er einen Hotspot für kreative Menschen aufbauen. „Die Künstler können sich dann dort präsentieren.“

Erst sei Juni gibt es Nextdoor in Deutschland und seitdem wächst die Plattform rasant. In Nordrhein-Westfalen gibt es mittlerweile 1500 Nachbarschaften, 340 davon alleine in Düsseldorf. Als Nachbarschaft wird eine Umgebung von 700 bis 1500 Haushaltendefiniert. Nachdem man sich registriert hat, sieht der Nutzer, ob schon eine aktive Gruppe in der Umgebung besteht und er kann beitreten. Falls nicht, kann man sich einen Namen für sein Viertel aussuchen. Der Nutzer muss seinen vollständigen Namen angeben. Dieser ist für jeden Nachbarn aus seinem Viertel sichtbar. Allen anderen Nutzern wird nur der Vorname angezeigt. So wird die Anonymität der Großstädtler aufgehoben. Was sonst eher typisch für das Dorfleben ist, könnte also auch schon bald in Großstädten Einzug halten.

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