Auf die Gleise geschubst: Chemiker will Entschädigung

Gericht: Täter war geistig behindert, Vater soll zahlen.

<strong>Düsseldorf. Es war der 21. April 2002, der das Leben von Heinrich Fücker von Grund auf änderte. Am S-Bahnhof Neuss-Norf wartete der 52-Jährige auf die S-Bahn, die ihn von einer Feier nach Düsseldorf bringen sollte. Ein junger Mann bat ihn um eine Zigarette. Der Chemiker verneinte - und es kam zu einem folgenschweren Unglück: Plötzlich schubste ihn der 20-Jährige von hinten auf die Gleise. Das linke Bein des damals 52-Jährigen war komplett gebrochen. Seitdem geht der Chemiker an Krücken. Zwölf Operationen hat er bereits hinter sich, Ende Mai wird ihm ein künstliches Kniegelenk eingesetzt. Doch ob es damit besser wird, steht in den Sternen: Sein Körper ist durch Antibiotikagabe stark geschwächt, das Infektionsrisiko hoch. "Im schlimmsten Fall muss das Bein amputiert werden", sagte er.

Den jungen Mann verklagte der Düsseldorfer erfolglos auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Denn: Der 20-Jährige, der inzwischen gestorben ist, war zu 100 Prozent geistig behindert und damit schuldunfähig. Zum gesetzlichen Betreuer wurde sein Vater bestimmt. Deshalb fordert Heinrich Fücker von diesem Geld.

Denn der Vater habe seine Aufsichtspflicht verletzt, sagt Heinrich Fücker. Am Tattag habe dieser den Jungen mit seiner Frau und den jüngeren Geschwistern auf den Spielplatz geschickt - obwohl er gewusst habe, dass sein Sohn zu Aggressionen neigt und rund um die Uhr beaufsichtigt werden muss. Der junge Mann konte sich davonschleichen.

Das Landgericht sprach dem Verletzten im vergangenen Jahr mehr als 120 000 Euro zu. Davon 30 000 Euro als Schmerzensgeld, der Rest sollte Lohnausfälle abgelten. Denn der Chemiker, der 40 Jahre bei einem Industrieunternehmen gearbeitet hatte, gilt seit dem Zwischenfall als erwerbsunfähig. "Ich kann nie mehr in meinen Beruf zurück", sagt er.

Vorschlag des Gerichts: Bis zur Rente soll Heinrich Fücker rund 30 000 Euro im Jahr bekommen. Insgesamt wären das mehr als 210 000 Euro. Darüber wollen die Parteien nun nachdenken.

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