Anabolika: Vor dem Sport wird zu Hause gespritzt

In vielen Fitnessstudios wird beim Muskelaufbau mit verbotenen Mitteln nachgeholfen – meist von jungen Männern.

Düsseldorf. Von nix kütt nix, das gilt auch für Sportler, die sich im Fitnessstudio um die Ecke einen Berg Muskeln antrainieren. Ohne Eisen zu stemmen und die richtige Ernährung geht das freilich nicht. Es sei denn, man hilft mit illegalen Mittelchen nach. Das ist in Düsseldorfer Muckibuden derzeit beliebt, Anabolika und Co. sind in Fitnessstudios in aller Munde.

Einer, der es wissen muss, ist Jörg Börjesson, ehemaliger Kraftsportler und mittlerweile geläuterter Anabolika-Konsument. Er hat in Düsseldorfer Sportstudios die Probe aufs Exempel gemacht. "Spätestens nach 30 Minuten wurden mir illegale Mittel angeboten", sagt er. "Und das, obwohl ich in der Szene bekannt bin."

Börjesson tourt durchs Land und klärt Schüler über Anabolika-Missbrauch auf. Mit sichtbaren Ergebnissen, wie an der Thomas-Edison-Realschule. Wie die WZ berichtete, gibt es dort seit kurzem einen Kraftraum, in dem sich die Schüler austoben können - dopingfrei, versteht sich.

Was sportbegeisterte Jugendliche in ihrer Freizeit treiben, kann allerdings niemand kontrollieren. "Diejenigen, die Anabolika nehmen, spritzen es sich vor dem Sport zu Hause", sagt Yasin Kahla (22), Sport- und Fitnesskaufmann in einem Studio. In seinen Schichten macht er Rundgänge durch die Umkleideräume.

"Ich schaue nach Spritzen und Ampullen. Erwischen wir jemanden, fliegt er sofort raus." Einen Grund für den Griff zur Muskelspritze hat Julian Teubler ausgemacht. Seit 15 Jahren leitet der 35-Jährige Freizeitsportler in einem Studio an und sagt: "Besonders gefährdet sind jüngere Leute, da bei ihnen der Gruppenzwang besonders hoch ist."

Christian Kurth vom Oberbilker Fitness-Markt kennt die Konsumenten. "Bei mir stehen jeden Tag Jugendliche im Geschäft, die verbotene Mittel kaufen wollen", sagt Kurth.

Fündig werden sie bei ihm nicht: Proteinshakes oder Kreatin werden an der Oberbilker Allee verkauft, Illegales nicht. Wer fragt, bekommt stattdessen eine Lektion in Gesundheit verpasst. "Viele wissen, wie gefährlich die Medikamente sind, es ist ihnen egal."

Wie viele Sportler zur Spritze greifen, ist kaum zu sagen. Eine gestern vorgestellte Studie sagt, dass sieben Prozent der jugendlichen Spitzensportler Dopingmittel nehmen. Im Breitensport dürfte die Zahl wegen nicht vorhandener Kontrollen höher liegen.

Laut Staatsanwaltschaft ist der Handel, nicht aber der Besitz der Mittel verboten. Die Polizei weiß, dass es eine regelrechte Szene gibt, kann aber wenig ausrichten.

Das kann auch der Zoll nicht, der am Flughafen nach illegalen Medikamenten sucht. "174 Aufgriffe hatten wir voriges Jahr", sagt Sprecher Michael Walk. Wobei in der Szene niemand mehr schmuggeln muss. "Mit ein paar Klicks kann jeder die Mittel im Internet bestellen", sagt Börjesson. Was fehle, sei aber eine Anlaufstelle für jugendliche Sportler, die in Berührung mit Anabolika kommen. "Dabei müsste man gerade bei ihnen ansetzen."

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