Schulserie Die Schule, an der schon Immendorff lehrte

Düsseldorf · Der Künstler unterrichtete neun Jahre an der musischen Dumont-Lindemann-Schule in Friedrichstadt und prägte sie nachhaltig. Kooperationen mit Kultureinrichtungen werden groß geschrieben. Und hier tanzen die Schülerinnen auch mal im Abendkleid durch die Aula.

 Musikunterricht in der Praxis: Omer (l.) und Naim singen mazedonische Lieder, die Syrerinnen Aya (im blauen Kleid) und Shelan tanzen dazu.                                                                                                                                                         Fotos: Judith Michaelis

Musikunterricht in der Praxis: Omer (l.) und Naim singen mazedonische Lieder, die Syrerinnen Aya (im blauen Kleid) und Shelan tanzen dazu.                                                                                                                                                         Fotos: Judith Michaelis

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Die Lithografie hing fast 25 Jahre im Schulgebäude. In einem dunklen Rahmen, hinter einfachem Plexiglas ruhte der Schatz. „Für seine Schule“ hatte der Maler Jörg Immendorff an den großen Druck geschrieben. Der nicht nummerierte Druck von 1983 ist Teil der Serie „Café Deutschland“. Schulleiterin Gabriele Lamottke war das nicht geheuer. Heute hängt das gute Stück im Kunstpalast, fachgerecht gelagert und gerahmt. Und eine Reproduktion des Drucks, sie hängt im Zimmer der Schulleiterin. Jeden Tag schaut Gabriele Lamottke auf das Bild.

Immendorff habe die Dumont-Lindemann-Schule sehr geprägt, sagt sie. Von 1971 bis 1980 war der international erfolgreiche Künstler Lehrer an der städtischen Hauptschule im Stadtteil Friedrichstadt an der Grenze zu Bilk. Einige Jahre war Immendorff dort zudem Vertrauenslehrer, rief auch die Schülerzeitung „Lautsprecher“ ins Leben. Seine frühe künstlerische Entwicklung war, wie der Beuys-Schüler selbst immer betonte, eng mit seiner Arbeit an der Schule verbunden.

 Ouaeld, 13, geht in die Klasse 6. Gerade malt er in Geschichte das römische Reich nach.

Ouaeld, 13, geht in die Klasse 6. Gerade malt er in Geschichte das römische Reich nach.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Der musische Schwerpunkt ist es auch, den Gabriele Lamottke an ihrer Schule besonders schätzt. „Es ist uns ein Anliegen und ganz im Sinne unserer Namensgeber Louise Dumont und Gustav Lindemann“, betont sie. Deswegen hat an der Schule die Theateraufführung jedes Jahr eine ganz besondere Tradition — für die Schüler, aber auch für die geladenen Gäste. Deswegen gibt es das traditionelle Sommerkonzert, aber auch das interkulturelle Weihnachtskonzert und auch die Musik-AG für die jungen, engagierten Talente.

 Logo der Serie Schultag.

Logo der Serie Schultag.

Foto: WZ

Neue und andere Impulse bekommen die Schüler durch renommierte Düsseldorfer Kultureinrichtungen, die mit der Schule zusammenarbeiten. So lernen die Kinder nicht nur, sondern werden auf ihre Zukunft vorbereitet. Kooperationen werden an der Schule groß geschrieben: der Akki-Verein, Lernort Studio Düsseldorf, die Düsseldorfer Tonhalle sind nur einige Beispiele. Mit dem Caritasverband findet ein Mal im Jahr das Theaterprojekt „Fantasy Mobil“ statt. Gabriele Lamottke: „Mit dem Schauspielhaus haben wir eine feste Kooperation im Rahmen des Projekts „Theater.Fieber“ und auch mit dem FFT pflegen wir eine ganz intensive Zusammenarbeit“.

 Direktorin Gabriele Lamottke vor dem Immendorff-Bild in ihrem Büro.

Direktorin Gabriele Lamottke vor dem Immendorff-Bild in ihrem Büro.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Rund 350 Schüler werden derzeit an der Weberstraße unterrichtet. Aber auch an der Kopernikusstraße. Im Sommer wird sich diese Situation ändern. „Endlich“, sagt Gabriele Lamottke, die für den Unterricht zwischen zwei Schulgebäuden pendelt. Wie es dazu kam? Seit 1968 gibt es die Dumont-Lindemann-Schule, von Anfang an seien die Räumlichkeiten schon „sehr eng“ gewesen. Doch seit 2016/2017 gehören auch noch die Schüler der Adolf-Reichwein-Schule, die geschlossen wurde, dazu.

Da jedoch das Gebäude an der Kirchfeldstraße bald einer Grundschule als neues Zuhause dienen wird, sollen spätestens im Sommer sogenannte Raummodule kommen. Sie werden auf dem Schulhof platziert und hoffentlich das große Platzproblem lösen. „Wir bekommen fünf Klassenräume und einen Raum für Naturwissenschaften“, erklärt Lamottke.

Ein Herzensanliegen ist ihr auch, dass die Schule für die Kinder nicht nur Lernort ist, sondern auch Heimat. So wie für Omer (14), Naim (15), Aya (15) und Shelan (14). Sie sind Teil der internationalen Fortbildungsklasse, die sich von Herkunft und Alter sehr heterogen zusammensetzt. Gemeinsam lernen sie mit einigen anderen Kindern zwei Jahre intensiv Deutsch und werden dann — nach und nach — in die anderen Klassen gehen.

Besonders lieben die Schüler Musikunterricht bei ihrer Lehrerin Danuta Ogrodowczyk. Denn in der Aula lernen sie in diesen wöchentlichen Stunden nicht nur, wie man richtig und formvollendet Walzer tanzt, sondern auch, zur eigenen Musik in der eigenen Sprache zu singen.

Omer und Naim singen auf Mazedonisch, die Syrerinnen Aya und Shelan tanzen in Abendkleidern dazu. „Schule kann zur Heimat werden und zum Anker, gerade wenn man die Sprache noch nicht gut kennt und in der Fremde erst heimisch werden muss“, sagt Gabriele Lamottke. Ja, Düsseldorf ist zur Heimat geworden, sagen Aya und Shelan leise und noch etwas schüchtern. Auch, wenn es ganz anders ist, als im fernen Syrien. Was den Beiden gut gefällt? „Ich weiß nicht“, sagt Aya und schlägt die Augen nieder. „In Düsseldorf ist alles schön.“

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