Als im Zoo noch Löwen brüllten

Der einstige Kurator Joseph Boscheinen arbeitet an einem Buch über den Düsseldorfer Zoo.

Düsseldorf. Wenn Joseph Boscheinen an einer Zooparkführung teilnimmt, kann er manchmal nur den Kopf schütteln. „Es wird so viel Quatsch erzählt, beispielsweise wenn Knubels Affe als Relikt aus dem einstigen Zoo bezeichnet wird“, sagt er. Doch gerade das sei die markante Steinfigur, die heute an einem Seitenweg des Parks steht, nicht. Die Affenskulptur wurde nach dem Zweiten Weltkrieg dem damaligen Leiter des Löbbecke-Museums und Aquariums, Horst Sieloff, geschenkt. Er verbannte sie aus dem Museum, weil sie zu wenig realistisch war. „Der Affe hockt auf einem Fantasietier, aus dessen Maul ein kleines Röhrchen ragt. Wahrscheinlich war er einst eine Brunnenfigur“, meint Boscheinen.

Der mittlerweile pensionierte Kurator der Sammlungen des Löbbecke-Musuems muss es wissen. Jahrzehnte lang hat er sich mit der Geschichte des Düsseldorfer Zoos beschäftigt und kennt die Sammlung in den Katakomben des Aquazoos wie kaum ein anderer. Derzeit arbeitet er an einem Buch über die Geschichte des Düsseldorfer Zoos. Dabei sind seine Ansprüche hoch. „Es soll kein beliebiges Zoobuch werden, ich will die Besonderheiten der Düsseldorfer Anlage herausstellen“, sagt er. Und das brauche Zeit. Tausende, meist undatierte Bilder müssen sortiert und überlieferte Nachrichten auf ihre Wahrheit in den Archiven überprüft werden.

Im Augenblick haken die Nachforschungen über den Zooretter Gustav Adolf Scheidt, der sein Vermögen mit Bandweberei in den Vereinigten Staaten gemacht hat, und mit einer Spende von 500 000 Goldmark es 1905 der Stadt ermöglichte, die Aktien der Konkurs gegangenen Zoogesellschaft aufzukaufen.

Boscheinen: „ Scheidt ist ein relativ häufiger Name und es ist schon damals zu Verwechselungen gekommen. Die Informationen fließen nur spärlich, da der Zugang zu amerikanischen Archiven, in denen man etwas über Scheidts Bandweberei finden könnte, schwierig ist.“

Neben der Arbeit an dem Buch hält Boscheinen auch Vorträge über die Zoogeschichte. Spannend ist sie allemal — sowie teilweise recht kurios. Denn die in den 1930er Jahren wegen ihrer fortschrittlichen Tierhaltung deutschlandweit beachtete Anlage hat ihre Ursprünge in einem Geflügel- und Kleintierverein. Die erste Geflügelschau des 1873 gegründeten Vereins „Fauna“ war so erfolgreich, dass dieser beschloss, einen Zoo zu gründen. Das Geld kam über eine Aktiengesellschaft und logistische Schützenhilfe vom Direktor des 16 Jahre zuvor gegründeten Kölner Zoos, Heinrich Bodinus. Der Ausbau des platten, der Graf-Recke-Stiftung abgekauften Ackerlandes zu einem Landschaftsgarten mit Teichen und Ruinenberg übernahm der Benrather Schlossgärtner Friedrich Hillebrecht.

Allerdings war der Tierbestand bei der Eröffnung 1876 mit 200 Exemplaren noch bescheiden. Und so konnten vier Jahre später die vierbeinigen Bewohner problemlos ausquartiert werden, als auf dem Zoogelände die Rheinisch-Westfälische Kunst- und Gewerbeausstellung stattfand. Ein profitables Geschäft für beide Seiten: Die Ausstellung fand auf einem ansprechend gestalteten Gelände statt und der anfangs abgelegene Zoo bekam einen Straßenbahnanschluss. Später wurde ein Teil der Ausstellungsbauten zu Tierhäusern umfunktioniert.

Nach der Gewerbeausstellung boomte der Zoo, und er wurde zum Treffpunkt der Düsseldorfer Gesellschaft. Nicht nur der innerhalb von 25 Jahren auf 1200 Tiere angewachsenen Bestand lockte die Besucher, sondern auch die traditionellen Zookonzerte. Was allerdings den Zooverein nicht davor bewahrte, Konkurs anmelden zu müssen. Und eben Gustav Adolf Scheidt auf den Plan rief.

Eine zweite Blütezeit erlebte der Zoo ab Mitte der 1920er Jahre, als er sich als naturwissenschaftliches Zentrum Düsseldorfs etablierte. Das 1904 als Abteilung des Stadtmuseums eröffnete Löbbecke-Museum wurde 1929 in einen Neubau neben dem Zoo untergebracht. Schon vorher hatte Zoodirektor Georg Aulmann für die Eisbären ein neues Freigehege in Form einer Felslandschaft bauen lassen. Sein 1928 errichtetes Affenhaus machte Furore, weil die Außengehege erstmals nicht durch Gitter, sondern durch unter Schwachstrom stehende Handläufe gesichert waren.

Das brutale Ende kam im Zweiten Weltkrieg. Ein Luftangriff legte den ganzen Stadtteil und damit auch den Zoo in Schutt und Asche. Die überlebenden Tiere mussten erschossen oder abgegeben werden. Nur Aquarium und Löbbecke-Museum überlebten im Bunker an der Brehmstraße und ab 1987 im Aquazoo im Nordpark.

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