Als der fürstliche Glanz erlosch

Wellem-Jahr: Nach dem Tod des Kurfürsten kam der große Ausverkauf. Zum Ende unserer Serie laden wir 20 Leser zu einem Rundgang ein.

Die letzte Stunde schlug für Johann Wilhelm am 8. Juni 1716: Der Kurfürst von der Pfalz starb nach langer schwerer Krankheit. Schon drei Jahre vorher ging es ihm so schlecht, dass sein jüngerer Bruder Karl Philip, damals Gouverneur von Tirol, um die Abtretung von Pfalz-Neuburg bat. Aber der große Bruder wollte nicht vor seinem Tode beerbt werden, also wurde nichts aus Karl Philips vorzeitigem Regierungsantritt. Was der kleine dem großen Bruder anscheinend nie verzieh, denn Karl Philip mied künftig den Niederrhein. Selbst auf Jan Wellems prunkvoller Beerdigung glänzte der neue Kurfürst durch Abwesenheit.

Spätestens nach Anna Maria Luisas Abreise im September 1717 war allen klar: Mit dem Weggang des Hofes war Düsseldorfs Glanz dahin. Die Künstler waren schon kurz nach Wellems Tod vom neuen Landesherrn entlassen worden, der hochbezahlte Grupello hatte sich verbittert nach Brüssel abgesetzt. Der Ausverkauf hatte begonnen. Um sein neues Mannheimer Schloss zu schmücken, ließ Karl Philip die meisten im Schloss untergebrachten Gemälde Jan Wellems, Münz- und Medaillenkollektion, die Florentiner Kleinplastikensammlung und die Waffensammlung nach Mannheim bringen.

Zwar schmückte noch die große, von Gabriel Grupello gebaute Pyramide bis 1738 den Galeriehof (danach wurde sie nach Mannheim geholt), auch für die wertvolle Antikensammlung interessierte sich erst Carl Theodor und verfrachtete sie 1753 nach Mannheim. Aber: 30 Jahre lang wurde kein Taler mehr in die kurfürstlichen Immobilien gesteckt. Mit verheerenden Folgen: Der neue Jägerhof, 1713 als Wohnsitz des Jägermeisters erbaut, verfiel so sehr, dass dieser 1743 ins Schloss Eller umziehen musste. Auch das von Anna Maria Luisa so geschätzte Benrather Wasserschloss kam herunter und wurde nach einem Brand so unbewohnbar, dass sich Carl Theodor 40 Jahre nach Jan Wellems Tod entschloss, den alten Bau abzureißen und komplett neu zu bauen.

Immerhin: Düsseldorf blieb Nebenresidenz - mit einer entsprechenden Verwaltung. In den nun zu weit gewordenen Kleidern richtete man sich so gut wie möglich ein. Das Opernhaus wurde erst zur Reitschule und dann Materialdepot, die ursprüngliche Reitschule Zeughaus, der neue Marstall Kaserne.

Rundgang: Zum Abschluss unserer Jan-Wellem-Serie laden wir 20Leser zu einem kostenlosen Rundgang auf den Spuren des Kurfürsten ein. Geleitet wird sie vom Historiker Ulrich Brzosa. "Durch Bilder und andere Hilfsmittel will ich versuchen, lebendige Eindrücke von der Zeit Jan Wellems zu vermitteln", sagt er.

Mitgift: Die Abreise von Anna Maria Luisa Medici kam Düsseldorf, aber auch dem gesamten Kurfürstentum teuer zu stehen. Im Gepäck hatte sie nicht nur ihre privaten Kunstschätze, auch ihre großzügigen Spenden gingen nicht mehr an Düsseldorfer, sondern an Florentiner Klöster. Außerdem musste laut Heiratsvertrag ihre Mitgift in Höhe von 300 000 Talern auf Heller und Pfennig zurückgezahlt werden. Der letzte Finanzminister und Vertraute der Mediciprinzessin, von Schaesberg, hatte die unangenehme Aufgabe, die Raten Jahr für Jahr einzutreiben. Denn auch Karl Philip erwies sich gegenüber seiner Schwägerin als nicht sehr zahlungswillig.

Bevölkerungsschwund: Der Weggang des Hofes war in ziemlicher Aderlass. Immerhin lebten 1705 fast 500 Familien vom Hof - und das bei gerade mal 8500 Einwohnern. So sanken 1720 die Einnahmen um 22Prozent gegenüber dem Jahr 1713. Fast folgerichtig war, dass im gleichen Jahr die teure Straßenbeleuchtung mit über 350 Laternen wieder abgeschafft wurde.

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