Alexandra von der Weth über die Frauenrollen in der Oper

Die Düsseldorfer Sopranistin räumt im Palais Wittgenstein mit Mythen auf.

Alexandra von der Weth über die Frauenrollen in der Oper
Foto: Samuel F. Johanns

Düsseldorf. Die Primadonna wird oft überlebensgroß gezeichnet. Sopranistin Alexandra von der Weth, einst gefeierter Rheinopern-Star, verkörperte auf der Bühne schon manche Protagonistin wie die Violetta aus Giuseppe Verdis „La Traviata“ oder Gaetano Donizettis „Lucia die Lammermoor“. Toll findet sie aber nicht alle dieser Figuren, wie sich jetzt herausstellt.

„Die großen Frauen der Oper“ heißt ein Abend im Palais Wittgenstein. Alexandra von der Weth hat für dieses Gesprächs-Konzert zwei Mitstreiter mitgebracht: Pianist Roland Techet und Literaturwissenschaftler Stefan Plasa (Uni Bonn). Am Flügel begleitet, singt die Sopranistin berühmte Sopran-Arien aus Giacomo Puccinis „Madama Butterfly“, „La Bohème“ und „Tosca“, sowie Verdis „La Traviata“, „Otello“ und „Aida“.

Das Publikum im gut besuchten Palais staunt nicht schlecht: Frau von der Weth lästert böse über die herzzerreißende Cho Cho San („Butterfly“). „Ich sehe die Butterfly kritisch“, sagt die Sängerin. Man könne sie genauso gut nennen: „Frau Standes-Dünkel“. Sie wolle an der Seite des Amerikaners Pinkerton ganz aufgehen in der Rolle der Ehefrau und Mutter, ohne sich persönlich einzubringen. „Zum Unglück gehören immer zwei“, stellt die Musikerin klar. Literaturwissenschaftler Plasa differenziert: „Die Butterfly ist eine reine Seele und damit das vollkommene Opfer.“

Von der Weth macht zu den Worten ein unwilliges Gesicht und meint: „Die ist ein Mäuschen, das nicht die eigene Persönlichkeit, sondern die eigene Projektion einbringt.“ Gleichwohl singt Alexandra von der Weth den Liebestraum „Un bel die vedremo“ („Eines schönen Tages werden wir uns wiedersehen“) mit voller Inbrunst. „Ich möchte keine dieser Frauen als Freundin haben, aber es ist spannend sich in ihre Psyche hineinzuversetzen“, sagt die Opernsängerin, die schon immer einen starken Sinn fürs Theatralische demonstrierte.

Mit ihrem Partner Roland Techet führt Alexandra von der Weth ein temperamentvolles Streitgespräch. Die Diskussion wirkt trotz Mikrophon etwas privat. Das Publikum konnte den Eindruck gewinnen als säße es plötzlich im Wohnzimmer der Künstler und erlebe eine heftige Auseinandersetzung über die Rolle der Frau in der Oper des 19. Jahrhunderts. Techet versucht die Ehre einiger Frauenfiguren zu retten: „Frauen agieren im engen Korsett der Gesellschaft, aber sie tun es konsequent und sind somit Heldinnen der Herzen.“

Mit solchen Titeln mag sich Frau von der Weth nicht ganz anfreunden, räumt aber ein, dass die Tosca denn doch eine Frau ihres Geschmacks sei. Immerhin wehre sie sich un bringt den Widersacher Scarpia um. Im Gesprächs-Trio einigt man sich nun, dass die Puccini-Frauen näher an unserer heutigen Lebenswirklichkeit dran seien als die Verdi-Frauen. Und mit einer großen Verdi-Arie endet der Abend: Mit „Ritorna vincitor“ („Siegreich kehre heim“) aus der „Aida“. Vor zwei Jahrzehnten hatte Alexandra von der Weth ihre größte Zeit an der Rheinoper. Doch noch jetzt zeigt sie, dass sie noch über ein farbenreiches, schönes Stimm-Material verfügt und auch noch das große Drama auf der Bühne zu präsentieren vermag - und wenn es auch nur auf dem Podium des Kammermusiksaals ist. Großer Beifall.

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