Kunst Ai Weiweis Schlüsselwerk „Laundromat“ bleibt in der Kunstsammlung

Düsseldorf · Das Museum ist vom chinesischen Künstler mit einer großzügigen Schenkung bedacht worden.

 Ai Weiwei, „Laundromat“ (2016, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 2020).

Ai Weiwei, „Laundromat“ (2016, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 2020).

Foto: Simon Vogel

Susanne Gaensheimer, Chefin der Kunstsammlung, ist bekannt für Zielstrebigkeit und Zähigkeit. Trotz aller Debatten für und wider den Kunststar Ai Weiwei hält sie zu ihm. Der Aktivist aus Peking, der inzwischen seine Zelte in Cambridge aufgeschlagen hat, ist ihr Favorit seit jenen Tagen im Mai 2013, als sie ihm auf der Biennale von Venedig im umfunktionierten französischen Pavillon einen brillanten Auftritt gab. 2019 räumte sie ihm für ihre umfassendste Schau in Europa viele Säle in beiden Häusern der Kunstsammlung frei. Nun revanchiert er sich. „Laundromat“, das wichtigste Werk dieser Ausstellung, bleibt in Düsseldorf als Geschenk des Künstlers. Es ist Bestandteil der neuen Dauerausstellung in K21 (Ständehaus).

„Laundromat“ heißt zu Deutsch „Waschsalon“. 2016 besuchte Ai Weiwei mehrmals das Lager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze mit seinen 14 000 Bewohnern. Das Lager machte Schlagzeilen, weil es im Mai 2016 wegen Überfüllung und inhumaner Bedingungen geräumt wurde. Die Flüchtlinge brachte man in anderen griechischen Lagern unter. Der Künstler aber sammelte die zurückgelassenen Habseligkeiten wie Kleidung und Schuhe und ließ sie in seinem Berliner Studio reinigen, reparieren und dokumentieren.

Als die Dinge im K21 ausgebreitet wurden, sorgten sie für Irritation, denn der Künstler präsentierte sie als scheinbar fabrikneue Kleider, sauber und sortiert auf Kleiderständern. Die Schau erinnerte an Verkaufsräume in einem Kaufhaus. Doch dann kam der Schock, als den Besuchern bewusst wurde, mit welchem Schicksal die 2046 Hemden, Hosen, Kleider und Pullis behaftet waren.

Zu Recht sieht Museumschefin Susanne Gaensheimer in dieser Installation ein Schlüsselwerk: „Für mich ist es eine der verstörendsten und zugleich berührendsten Installationen des Künstlers. Die überaus großzügige Schenkung nehmen wir als großen Vertrauensbeweis wahr und freuen uns, als einziges Museum in Deutschland eine so bedeutende Installation zeigen zu können.“ Ai Weiweis Votum, „Alles ist Kunst, alles ist Politik“, erinnert an das Glaubensbekenntnis von Joseph Beuys, dem die Kunstsammlung im kommenden Beuys-Jahr eine triumphale Eröffnungsschau bieten wird.

In den beiden Obergeschossen des K21 ist dies nicht der einzige Zugang für die Sammlung. Wie eine Hommage auf Gaensheimers Biennale-Ausstellung wirkt die Stühle-Installation von 2014. Weitere Arbeiten waren in der Düsseldorfer Retrospektive des Künstlers zu sehen, so die schwarze Wandtapete namens „Odyssee“ von 2016. Sie kommt als Ankauf ins Haus. In mehreren Registern sind dabei Flucht und Migration wie auf einem antiken Fries dargestellt. Die realistische Schilderung aus der Gegenwart wird sehr geschickt überlagert von historischen und mythologischen Darstellungen.

Ai Weiwei hängte in der Düsseldorfer Schau auf die Tapete die Serie „Study of Perspective“ mit 40 Fotos berühmter Bauwerke wie dem Eiffelturm oder dem Reichstag. Um zu demonstrieren, wie er diese Gebäude als Zeichen staatlicher und kultureller Macht begreift, streckt er ihnen in den Abbildungen seinen Mittelfinger entgegen. Den Zusammenhang mit der Tapete und den Kleidungsresten will er als permanenten Appell an die Verantwortlichen aufgefasst wissen, sich der Menschen weltweit und jederzeit anzunehmen.

Susanne Gaensheimer bringt aber auch sonst neues Leben ins K 21, indem sie die Dauerausstellung komplett umbaut. Sie beweist damit zugleich, dass ihre Ausstellungen keine Eintagsfliegen sind, sondern ihre Spuren in der ständigen Sammlung hinterlassen. Die Liste der Neuerwerbungen ist lang. Sie reicht von Lutz Bacher, die kurz nach ihrer spektakulären Schau in der Bel Etage verstorben ist, über den Biennale-Teilnehmer Ed Atkins und Cao Fei bis zu Jef Geys, Hans-Peter Feldmann und der jungen Fotografin Margarete Jakschik. Die Ankäufe und Schenkungen, darunter viele Videos und fotografische Serien, werden gemischt mit Werken, die schon lange in der Sammlung sind. So kehrt Marcel Broodthaers berühmte Installation des „Musée d‘art Moderne“ von 1972 zurück, die seit 1999 im Besitz des Museums ist. Die bislang erschreckend kahlen Wände in den langen Wandelgängen werden gleichfalls kunstvoll bestückt.

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