Absturz eines Kunstberaters - Achenbach wartet auf sein Urteil

War Helge Achenbach ein profitgieriger Kunsthändler, oder hatte er im Millionen-Hype um Kunst die Bodenhaftung verloren? Es ist kein leichtes Urteil, das der Richter über den angeklagten Kunstberater fällen muss. Eines ist klar: Achenbach ist ruiniert.

Der angeklagte Kunstberater Helge Achenbach sitzt am 26.02.2015 in Essen im Gerichtssaal auf der Anklagebank.

Der angeklagte Kunstberater Helge Achenbach sitzt am 26.02.2015 in Essen im Gerichtssaal auf der Anklagebank.

Foto: Federico Gambarini

Essen (dpa) - Vor nicht einmal einem Jahr war die Welt für den Düsseldorfer Kunstberater Helge Achenbach noch in Ordnung. Im Juni 2014 kam er aus Brasilien zurück, wo er das WM-Quartier der deutschen Nationalelf mit Kunstwerken bestückt hatte. Am Düsseldorfer Flughafen wartete die Polizei auf Achenbach. Der umtriebige und international vernetzte Kunstexperte wurde geradewegs ins Untersuchungsgefängnis in Essen befördert.

Neun Monate später ist der 62-Jährige wirtschaftlich ruiniert, hat seinen Ruf als Berater verloren und wartet auf den Urteilsspruch des Richters an diesem Montag. „Einen Kunstberater Helge Achenbach wird es nicht mehr geben“, hatte Achenbach vor wenigen Tagen unter Tränen in seinem Schlusswort gesagt. Ihm sei klar, dass er eine Freiheitsstrafe bekommen werde.

Eine der reichsten Familien Deutschlands, die Aldi-Familie Albrecht, hatte Achenbach wegen Millionenbetrugs vor Gericht gebracht. Seit Dezember arbeitete die auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte 21. Kammer am Essener Landgericht unter Vorsitz des jungen Richters Johannes Hidding die Geschäftspraktiken Achenbachs auf.

Quasi als Nebeneffekt kamen durch Zeugenaussagen von Galeristen, Künstlern und Millionären einige Fragwürdigkeiten im sonst so verschwiegenen Kunsthandel ans Tageslicht. Keiner aus der Kunstszene aber redete schlecht über Achenbach. Händler, Galeristen, Künstler hatten kräftig an Achenbachs Vermittlungsgeschäften verdient.

Richter Hidding hat kein leichtes Urteil zu fällen. Im Zentrum steht die Freundschaft und gleichzeitige Geschäftsbeziehung zu dem 2012 gestorbenen Milliardär und Aldi-Erben Berthold Albrecht. Um fast 20 Millionen Euro soll Achenbach seinen Duzfreund bei Oldtimer- und Kunstverkäufen betrogen haben, meint die Staatsanwaltschaft. Trotz schwerer Krankheit kaufte Albrecht bis kurz vor seinem Tod fast im Monatstakt bei Achenbach ein. Zwischen 2009 und 2012 waren das Objekte in einer Gesamtsumme von über 100 Millionen Euro.

„Sie waren wie Hyänen“ hatte Albrechts Witwe Babette über die Händler vor Gericht gesagt. Für die Anklage ist Achenbach ein profitgieriger Geschäftemacher, der das Vertrauen seines gutgläubigen Freundes ausgenutzt habe.

Achenbach selbst sagte unter Tränen, er schäme sich dafür, dass er seinen Freund betrogen und ihm Rechnungen mit verdeckten Preisaufschlägen präsentiert habe. Das habe er aber nur in einigen Fällen gemacht. Er habe sich in einer Welt verloren, die immer materialisierter geworden sei. In der Welt der Milliardäre wollte der ehemalige Sozialarbeiter mithalten, konnte es aber wirtschaftlich nicht. „Es war für mich nicht leicht, nach außen den Erfolgreichen darzustellen.“

Achenbach und seine Verteidiger meinen, dass Albrecht eigentlich aber gar kein Schaden entstanden sei. Denn alle Kunstwerke und Oldtimer seien ja im Wert gestiegen. Einen schriftlichen Vertrag zwischen Albrecht und Achenbach gab es nicht. Albrecht habe über Nacht Millionendeals per Telefonanruf getätigt. „Wo Kunst und Geld zusammentreffen, gelten etwas andere Spielregeln“, meinte Achenbachs Verteidiger Thomas Elsner.

Der Fall Achenbach hat die Kunstszene ähnlich aufgewühlt wie der Prozess gegen den Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi 2011. Der hatte jahrzehntelang Fälschungen in den internationalen Kunsthandel geschleust und Millionen daran verdient. Der Fall Beltracchi gilt als einer größten Fälscherskandale in Deutschland. Beltracchi bekam sechs Jahre Haft im offenen Vollzug.

Die Kunstszene wartet nun gespannt darauf, wie hart das Urteil gegen den einstigen Tausendsassa Achenbach - auch im Vergleich zu Beltracchi - ausfallen wird. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre für Achenbach gefordert, seine Verteidiger ein deutlich niedrigeres Strafmaß.

„Ich bin der Meinung, dass diese Art von Betrug natürlich bestraft werden muss“, sagte der Kunstsammler Harald Falckenberg kürzlich im SWR-Interview über Achenbach. „Aber man muss das in Relation setzen zu dem, was allgemein auf dem Kunstmarkt passiert.“

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