Düsseldorf Abschied von einer Legende in Uniform

Hans-Joachim Kensbock-Rieso geht nach 45 Jahren Polizeidienst in den Ruhestand. Von Mördern über Beuys bis nach Afghanistan — der 62-Jährige hat in seiner Laufbahn viel erlebt.

Hans-Joachim Kensbock-Rieso an seinem letzten Arbeitstag und ...

Hans-Joachim Kensbock-Rieso an seinem letzten Arbeitstag und ...

Foto: DK/ Gehring

Düsseldorf. Hans-Joachim Kensbock-Rieso war immer mittendrin statt nur dabei. Als junger Polizist konnte er manchmal nichts dafür, Teil spektakulärer Einsätze zu sein. Später suchte er in Afghanistan selbst die Herausforderung. Zuletzt koordinierte er als Leiter der Polizeiinspektion Nord die Einsätze bei den Fortuna-Spielen. Die wird Kensbock-Rieso in Zukunft ganz entspannt von der Tribüne aus genießen, denn sein Sohn hat ihm eine Dauerkarte geschenkt. Am Dienstag hatte der Polizist aus Leidenschaft seinen letzten Arbeitstag. Er geht mit 62 Jahren in den Ruhestand.

... als junger Beamter.

... als junger Beamter.

Foto: NN

Dass Kensbock-Rieso unter seinen Kollegen eine Legende ist, kommt nicht von ungefähr. Denn er war an Großeinsätzen beteiligt, die andere nur vom Hörensagen kennen. Als junger Beamter war er an der Räumung der Kunstakademie beteiligt, die Johannes Rau anordnete, weil Joseph Beuys 60 Studenten mehr angenommen hatte als erlaubt: „Davon gibt es ein legendäres Foto, als die Polizei Spalier stand. Leider bin ich der erste Beamte, der nicht mehr auf dem Bild ist.“

Nachhaltig geprägt hat den Wahl-Düsseldorfer seine Zeit als Streifenbeamter. „Es gibt Einsätze, die man nicht vergisst. Wir wurden zu einer Wohnung an der Binterimstraße gerufen. Da hatte sich ein junges Pärchen bei einer Tasse Tee gestritten“, erinnert er sich, „wir hatten dann mit dem Mann ein ruhiges Gespräch, alles schien in Ordnung.“ Doch kaum saßen die Polizisten im Streifenwagen, wurden sie von der Leitstelle erneut zu der Adresse beordert: Der Mann hatte die Teetasse zerschlagen und die Halsschlagader seiner Freundin durchtrennt, die sofort tot war.

Kensbock-Rieso gehörte auch zu den ersten Polizisten vor Ort, als 1984 die spektakuläre Geiselnahme in der Sparkasse an der Lenaustraße drei Tage lang ganz Deutschland in Atem hielt. „Die beiden Täter wollten zuerst Bier und Zigaretten“, erinnert er sich, „ich bin einfach in die Bank gegangen und stand plötzlich einem der Täter gegenüber.“

Der ließ den jungen Polizisten zum Glück wieder laufen: „Er hätte mich auch als Geisel nehmen können. Heute würde man das nicht mehr so machen.“ Die Geiselnahme endete mit einer heftigen Schießerei, beide Täter überlebten. Allerdings starb ein 14-Jähriger, als die Ehefrau eines der Geiselnehmer mit ihrem Pkw die Polizeiabsperrung durchbrach, weil sie zu ihrem Mann wollte.

Legendär auch die Festnahme eines der beiden Metro—Gangster, die den Konzern 1979 um 38 Millionen Mark betrogen. Eine Woche, nachdem sie untergetaucht waren, überwachte Kensbock-Rieso die Wohnung an der Brunnenstraße. Dort lief ihm der Gesuchte überraschend in die Arme: „Mit rund 200 000 Euro in verschiedenen Währungen.“

2005 und 2009 ging der Beamte zweimal für ein Jahr nach Afghanistan, um dort eine neue Polizeistruktur aufzubauen: „Die meisten Opfer der Taliban sind Polizeibeamte. Rund 1000 sterben jedes Jahr durch Anschläge.“ Um ehemalige afghanische Mitarbeiter, die nach dem Ende der Mission als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, wird sich Kensbock-Rieso künftig in seiner Freizeit kümmern. Und er will sein Gitarre-Spiel verbessern: „’As Tears go by’ von den Stones auf Norderney in den Dünen.“

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