Karneval in Düsseldorf Abrissparty in der Wagenbauhalle

Düsseldorf · Einen Tag nach dem Rosenmontagszug zerstören Jacques Tilly und sein Team die Karnevalswagen. Einige wenige werden aber aufgehoben.

 Jacques Tilly schlägt mit einem Vorschlaghammer auf die Figur von Papst Benedikt ein.

Jacques Tilly schlägt mit einem Vorschlaghammer auf die Figur von Papst Benedikt ein.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Jacques Tilly holt aus. Dann schlägt er mit dem Vorschlaghammer in das überdimensionale Pappmarché-Porträt von Joseph Ratzinger, dem ehemaligen Papst Benedikt. Schon einen Tag nach Rosenmontag werden traditionell die Motto-Wagen vom Zug in der Wagenbauhalle an der Merowingerstraße zerstört. Aber nicht nur die politischen Wagen, sondern auch die Gesellschafts-Wagen, Werbe-Wagen und auch der Prinzen-Wagen. Dabei sind Tilly und sein Team nicht zimperlich. Rabiat wird die Verkleidung von den Gerüsten gerissen, zusammengekehrt und mit einem Bagger in große Container gefüllt. Auch die letzten Kamelle-Reste werden verschrottet.

Der Boris Johnson-Wagen soll nach Schottland

„Das ist kein schöner Tag“, sagt Tilly, der noch letzte Schminke-Reste von seinem Teufels-Kostüm vom Rosenmontag im Gesicht hat. „Aber ich mache halt Kunst für den Sofortverzehr, ich mochte nie das Schwere in der Kunst.“ Er fühle sich eher wie ein Koch, der lange in der Küche steht und am richtigen Rezept werkelt und nach 15 Minuten haben die Gäste alles aufgegessen. Und alle Wagen werden ja auch nicht zerstört. Einige der Motto-Wagen finden noch eine Zweitverwertung. Aus Schottland gibt es schon Interesse am Boris Johnson-Wagen, sagt Tilly. Auch der Känguru-Wagen, der die Folgen des Klimawandels und der Waldbrände in Australien thematisiert, wird aufgehoben. Welche politischen Wagen weitergegeben werden, entscheidet aber das Comitee Düsseldorfer Carneval. „Die Wagen gehören ja nicht mir, sondern dem CC“, sagt Tilly. Aber das CC würde immer gute Entscheidungen treffen.

 Schon einen Tag nach Rosenmontag landen die meisten Wagen in Abfallcontainern.

Schon einen Tag nach Rosenmontag landen die meisten Wagen in Abfallcontainern.

Foto: Joachim Hennig

Das Schicksal der meisten Wagen steht aber schon fest: Vorschlaghammer und Müllcontainer. In der Reihenfolge. „Die SPD wird zerlegt. Was sollen wir jetzt noch mit denen?“, scherzt Jacques Tilly am Dienstagmorgen in der Wagenbauhalle. An einem Tag wird hier die Arbeit vieler Monate fachmännisch zerlegt und entsorgt. Dann ist erstmal bis Ostern Pause für sein Team. Sobald das neue Motto für die kommende Session bekanntgegeben wird, klingelt Tillys Telefon. „Als erstes ruft immer Kurt Venn von den Närrischen Schmetterlingen an und fragt nach dem Entwurf für seinen Wagen“. Dann geht die Arbeit wieder von vorne los. Die zwölf – in diesem Jahr dreizehn – politischen Motto-Wagen werden erst kurzfristig gebaut. „Heutzutage ist es schwer etwas zu planen, was nach sechs Wochen noch aktuell ist“, erklärt der Wagenbaumeister. Die meisten Motto-Wagen seien deshalb erst in diesem Jahr entstanden. Themen wie der Corona-Virus, die Frage nach der AKK-Nachfolge oder Hanau gab es im Dezember noch gar nicht. Der Facebook-Wagen war der erste. Das Thema sei zeitlos.

 Für den Wagenbauer ist das kein schöner Tag. Im Hintergrund sieht man die Entwürfe für die Wagen, die nun verschrottet werden.

Für den Wagenbauer ist das kein schöner Tag. Im Hintergrund sieht man die Entwürfe für die Wagen, die nun verschrottet werden.

Foto: Joachim Hennig

Tilly geht es um die demokratische Freiheit

Und die Reaktionen? „Grundsätzlich war das Feedback noch nie so gut, wie in diesem Jahr“, sagt Tilly. Aber auch die Kritik bleibt nicht aus. „Ich bin ja nicht bei Facebook, deshalb bekomme ich Mails und mein Anrufbeantworter ist voll. Die sind in diesem Jahr aber alle recht kleinlaut, vermutlich wegen der Wahlergebnisse in Hamburg“, vermutet Tilly. Kritik komme ausschließlich von rechts außen. Im letzten Jahr sei das aber viel mehr gewesen, als es den Wagen auf dem ein Pappmaché-Goebbels ein Höcke-Baby hochhebt. Nachgeben wird er dieser Kritik nicht. Immer wieder betont Jacques Tilly, dass es ihm um die Werte der demokratischen Freiheit geht, die verteidigt werden müssen.

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