50 Jahre Verkehr in Düsseldorf: Mehr Unfälle, weniger Verletzte

Von 1960 bis 2010 hat sich die Zahl der Autos verdreifacht und es knallt immer öfter. Und doch: Der Verkehr ist offenbar sicherer geworden.

Düsseldorf. In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Zahl der Autos in Düsseldorf mehr als verdreifacht. Hinzu kommen wachsende Pendlerströme. Es wird voller in der Stadt, es knallt öfter. Und dennoch sind Düsseldorfs Straßen sicherer geworden.

Im vergangenen Jahr war die Zahl der Verunglückten auf einem historischen Tiefpunkt. Besonders stark ist die Zahl der Verkehrstoten gesunken: Von 120 Getöteten 1960 auf zuletzt 14.

"Wo es enger wird, werden eher Fehler gemacht", erklärt Thorsten Drewes von der Direktion Verkehr der Polizei den Anstieg der Unfallzahlen. Freie Kreuzungen gebe es praktisch nicht mehr, die Abstände hätten sich ständig verringert. Drewes: "Mehr Autos, mehr Unfälle."

Gleichzeitig bedeute enger aber auch langsamer, erklärt Drewes. Undenkbar, heute im Berufsverkehr auf einer Corneliusstraße oder einer Münsterstraße mal richtig Fahrt aufzunehmen.

Die Folge: "Wo wir früher vielleicht einen Verkehrstoten hatten, haben wir heute zehn Blechschäden." Zudem stehen zwischen 1960 und heute die Einführung der Gurtpflicht (1976, mit Strafe 1984), Fortschritte bei der Sicherheitstechnik der Fahrzeuge und Konzepte wie die "Fachstrategie Verkehrsunfallbekämpfung NRW", um speziell Unfälle mit Verletzten zu vermeiden.

Auch das Gesicht der Stadt hat sich nach 1960 stark verändert. Willy Brandt als Regierender Bürgermeister von Berlin weihte in jenem Jahr die Berliner Allee ein. Zwei Jahre später wurden Tausendfüßler und Jan-Wellem-Platz fertig - ebenso wie der Worringer Platz. Den neuen Achsen und Knotenpunkten stand wenig Verkehrsführung gegenüber.

Erst 1955 hatte die Stadtverwaltung ihre erste Ampel an die Kreuzung Grafenberger Allee/ Lindemannstraße gesetzt. Bis 1960 folgten 20 weitere (heute gibt es 600 Ampelkreuzungen).

"Auch Zebrastreifen gab es kaum", sagt Thomas Bernhardt von der Geschichtswerkstatt. "Dabei waren viel mehr Menschen zu Fuß unterwegs als im Auto. Aber es gab auch immer noch Lücken im Verkehr, wo man mal schnell über die Straße huschen konnte."

Und den Autoverkehr regelte ein "Schupo": Roland Hahn, heute Vize-Chef des Amtes für Verkehrsmanagement, erinnert sich noch gut an die Schutzpolizisten, die winkend in der Mitte von Kreuzungen standen. "Bei Wind und Wetter. Als Junge dachte ich oft: Den Job willst du auch nicht machen."

Hahn ist an der Färberstraße in Bilk aufgewachsen, spielte dort Mitte der 50er noch mit Murmeln auf der Straße. "Dann parkten plötzlich überall Autos." Der Zeitgeist war die autogerechte Stadt von Planer Friedrich Tamms. Alles musste mit dem Auto bequem erreichbar sein. Altstadtlokale warben mit guten Parkmöglichkeiten - inzwischen gehören die Gassen dort wieder fast ganz dem Fußgänger.

Dennoch, kritisiert Umweltpsychologe Kai Lenßen, bleiben Fußgänger an den Rand gedrängt. Die Schulwegunfälle etwa gingen nicht wegen guter Verkehrsführung zurück: 1970 seien 92 Prozent der Schüler allein zur Schule gegangen, 2000 waren es nur noch 52 Prozent - Tendenz weiter sinkend. Kapitulieren wir vor dem übermächtigen Autoverkehr?

"Der Straßenraum ist heute ein kostbares, knappes Gut", weiß auch Roland Hahn. Die Herausforderung sei, ihn klug aufzuteilen. In vielen Vierteln entstehen daher Quartiersgaragen, am Jan-Wellem-Platz soll der Kö-Bogen Autos bald in einen Tunnel schicken. Das sei der Trend - und eine Chance für die Zukunft: Blech unter die Erde.

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