„125 Jahre“ Fortuna Düsseldorf Das falsche Fortuna-Jubiläum

Düsseldorf · „F95“ wird heute 125 Jahre alt. Aber die Fortuna, die wir heute kennen, ist gerade mal 100 und ein knappes halbes Jahr alt.

 125 Kerzen zum Geburtstag der Fortuna – doch wenn man es genau nimmt, dürften nur 101 von ihnen heute brennen.

125 Kerzen zum Geburtstag der Fortuna – doch wenn man es genau nimmt, dürften nur 101 von ihnen heute brennen.

Foto: klxm

Ob im Namen, im Wappen oder in Fangesängen, ob auf T-Shirts, Autokennzeichen oder tätowiert auf der eigenen Haut – die Zahl 1895 hat für Fortuna-Anhänger eine magische Bedeutung. Und nicht wenige denken, dass der Klub aus Flingern seit 1895 Fortuna heißt und Fußball spielt. Doch das ist falsch. Beides. Die Fortuna, wie wir sie heute kennen, existiert seit dem 15. November 1919. Und ist folglich erst 100 und ein knappes halbes Jahr alt.

In den 24 Jahren dazwischen existierten bis zu drei Vereine nebeneinander, aus denen später die Fortuna resultierte. Zunächst der Turnverein Flingern 1895, von dem das Jahr im heutigen Vereinsnamen stammt. Der aber eben auch eines war: ein Turnverein. Fußball wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Düsseldorf noch „wild“ gespielt, ohne feste Ligen und Plätze, meist außerhalb von Vereinen. Erst in der Saison 1902/03 ging die erste Düsseldorfer Liga an den Start – vor allem dank weniger bürgerlicher Vereine wie dem „Düsseldorfer Fußball Klub von 1899“, später in den DSC 99 umbenannt. Fußball war sowohl in seinem Ursprungsland England als auch später in Deutschland zunächst ein Spiel der Oberschicht. Folglich spielten auch in Düsseldorf anfangs fast ausschließlich Kaufleute und Intellektuelle, die Kontakt zu Engländern, Geld für die Ausrüstung und genügend Freizeit hatten.

1908 gründet sich erster
Düsseldorfer Fußballklub

Selbst als die bürgerlichen Klubs längst in Ligen spielten, blieb es im Arbeiterbezirk Flingern wild. „Die zahlreichen Wiesen boten doch die schönste Gelegenheit, das neue Spiel – das sich Fußball nannte – zu betreiben. Und in der Flingerer Jugend gab es Unentwegte genug, die es auch allen Verboten zum Trotz weidlich taten“, schrieb Fortuna-Legende Paul Janes in seiner Autobiografie über das Flingern nach der Jahrhundertwende.

Erst 1908 gründet sich dort unter dem Namen „Düsseldorfer Fußballklub Spielverein“ ein erster Fußballverein. Drei Jahre später folgte im „Fußballklub Alemannia 1911“ ein Lokalrivale, der sich kurze Zeit später in „Fußballklub Fortuna von 1911“ umbenannte. Die Legende, dass die Mitglieder sich dabei an einem vorbeifahrenden Pferdefuhrwerk einer Bäckerei Fortuna orientierten, lässt sich allerdings nicht belegen, wie Michael Bolten, Autor zahlreicher Fortuna-Bücher, in seinem neuen Werk „125 Jahre Fortuna“ schreibt.

Als sich die beiden Vereine aus Flingern 1913 dazu entschieden, an den offiziellen Spielrunden des Westdeutschen Fußballverbands (WFV) teilzunehmen, lehnte der Verband ab. Zwei kleine Vereine aus einem Stadtteil seien zu viel, sie sollten doch, bitteschön, fusionieren. Wie Stadthistoriker Peter Hüttenberger beschreibt, versuchte der bürgerliche WFV aber, „diese wenig repräsentativen Kleine-Leute-Vereine vor allem dann raus zu halten, wenn in ihnen wie in Flingern Ausländer eine Rolle spielten“.

Das war bei der Fortuna der Fall – mit den vier niederländischen Bakkers-Brüdern: im Vorstand sowie auf dem Platz, vor und nach der Fusion. Weswegen der neue „Düsseldorfer Fußballklub Fortuna 1911“ auch gern Bakkers-Klub genannt wurde. Matthias Bakkers, jahrzehntelanger Vorsitzender, wird als der wichtigste Mann der frühen Vereinsgeschichte bezeichnet. Als Abteilungsleiter bei Peek & Cloppenburg sorgte er dafür, dass das Bekleidungshaus sponserte und Spielern Gutscheine gab. Er soll auch unter der Hand Geld gezahlt und so namhafte Spieler angelockt haben – gegen die Statuten des Verbandes, der Fußball als reinen Amateursport definierte. Kurz nach der Aufnahme in den Westdeutschen Fußballverband gab es aber ganz andere Sorgen: Der Erste Weltkrieg begann. Für den Fußball in Deutschland – bis dahin noch eher ein Randsport – ein Wendepunkt. Einerseits kamen tausende Spieler um, andererseits vertrieben sich die Soldaten die Feuerpausen gern mit Fußball. Viele lernten den immer noch recht neuen Sport erst an der Front kennen – und trugen ihn nach dem Krieg in ihre Heimat, schlossen sich Vereinen an oder gründeten neue.

Im Krieg waren viele
Vereine zur Fusion gezwungen

Auch Fortunen zogen in die grausame Materialschlacht und kamen zu Dutzenden um. Weil das zahlreiche Vereine betraf – der stramm nationale Deutsche Fußball-Bund hatte seine Mitglieder gar ermuntert, in den Krieg zu ziehen –, kam der Spielbetrieb daheim fast zum Erliegen. Auch die meisten Vereinsanlagen waren zerstört oder zweckentfremdet worden. So waren viele Vereine zur Fusion gezwungen. Auch in Düsseldorf: Aus „Union“, „Friedrichstädter Turnverein von 1880“ und dem „Verein für Rasensport“, wurde die „Turn- und Rasensport Union von 1880 Düsseldorf“ – kurz TuRU. Und aus dem „Turnverein Flingern 1895“ und dem „Fußballklub Fortuna 1911“ am 15. November 1919 endgültig der „Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna von 1895“. Der Verein, wie wir ihn heute kennen. Das berühmte „F95“ ließ noch länger auf sich warten, das gibt es erst seit 1924/25. Neun Jahre später war die neue Fortuna Deutscher Meister.

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