Streit ums Auto in Düsseldorf „Autofahren muss unbequemer werden“
Düsseldorf · Die Zahl der Autos wächst stark. Die Grünen wollen schärfer dagegen vorgehen. Die CDU lehnt das als „ideologiegetrieben“ ab.
Während Stadt und Politik die Verkehrswende voranbringen wollen, wächst die Zahl der Autos in der Stadt stark. Sogar mehr Pkw als Einwohner kamen 2023 in Düsseldorf hinzu. Wie fällt darauf die Reaktion der Politik aus und wie will man dieser Entwicklung begegnen? In einer Grundsatzfrage kommen ausgerechnet die Kooperationspartner CDU und Grüne zu ganz unterschiedlichen Einschätzungen.
So sagt die Fraktionssprecherin der Grünen Mirja Cordes deutlich: „Autofahren muss unbequemer werden.“ CDU-Verkehrsexperte Andreas Auler widerspricht vehement. „Das teile ich nicht, das ist ideologiegetrieben.“ Es gehe vielmehr darum, positive Anreize für den Umstieg zu schaffen.
Angesichts eines solchen Widerspruchs mutet es fast überraschend an, dass Schwarz-Grün doch viele verkehrspolitische Entscheidungen gemeinsam getroffen hat und dadurch auch mal Fahrspuren für Autos und Parkplätze wegfielen. Aber eben auch nur, wenn das verträglich umsetzbar ist und keine Staus entstehen (siehe Luegallee).
Auler sagt, man könne den Menschen eben nicht vorschreiben, wie sie in der Stadt unterwegs sein wollten. „Reglementierung führt nicht zum Erfolg.“ Wichtig sei es vielmehr, die Zuverlässigkeit und den Komfort im ÖPNV zu erhöhen. Auch der Ausbau der Radwege sei wichtig, aber für viele Menschen sei das keine Lösung, etwa für eine alleinerziehende Krankenschwester, die beruflich nach Haan fahren muss. Wenn man schärfer gegen das Auto vorgehe, treffe man auch die, die es nicht treffen solle.
Andere Töne schlägt Mirja Cordes an. Mit Blick auf die wachsende Zahl von Autos sagt sie: „Das kann nicht immer so weiter gehen.“ Sie betont den aus ihrer Sicht nötigen Gleichklang von politisch zu setzenden Pull- aber auch Push-Faktoren, also flapsig gesagt Zuckerbrot und Peitsche. Ja, die Alternativen müssten natürlich attraktiver werden, weil sonst keiner umsteige. Die Umsetzung vieler politischer Entscheidungen dauere allerdings zu lange. Zudem habe ein wichtiger Push-Faktor nicht gesetzt werden können: die höheren Anwohnerparkgebühren.
Als Teil eines Gesamtkonzepts für das Parkraummanagement hatte man sich mit der CDU eine Lenkungswirkung von Gebühren von bis zu 360 Euro versprochen. Gleichzeitig sollten mehr Quartiersgaragen entstehen, auch wie zuletzt vorgestellt soll mehr Parkraum auf Supermarktflächen hinzukommen. Großflächigere Parkraumbewirtschaftung samt teurerem Kurzzeitparken sollten sich zudem im Sinne der Anwohner auswirken und ruhenden Verkehr in die Parkhäuser locken.
Doch aus den Anwohnerparkgebühren wurde nichts, da die geplante soziale Staffelung aufgrund einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht umsetzbar erscheint. Da eine nötige Gesetzesänderung auf Bundesebene nicht erfolgte, wurde zuletzt über eine sozialverträgliche Mindesterhöhung nachgedacht. Diese lehnt die CDU aber ab, da sie keine Lenkungsfunktion habe, sagt Auler. Cordes verweist dagegen auf das Beispiel Bonn, wo Anwohnern Ermäßigungen eingeräumt werden. Auler sieht diesen rechtlichen Spielraum aber nicht.
Einig ist er sich mit den Grünen bei der Kritik an der Verwaltung, wonach die Umsetzung zu schleppend verlaufe. So habe er gehofft, längst mehr Projekte für Quartiersgaragen vorliegen zu haben. Cordes ist unzufrieden mit dem Tempo beim Ausbau der Radwege.
Auch die beiden größten Oppositionsparteien SPD und FDP sind sich bei aller Unterschiedlichkeit einig, dass das Verwaltungshandeln zu lange dauert. „Wir stampfen auf der Stelle“, sagt der Sozialdemokrat Martin Volkenrath. Der Ausbau der Radwege verlaufe viel zu schleppend. Das sagt auch Felix Mölders von den Liberalen. Er attackiert den Mobilitätsdezernenten Jochen Kral, der auf dem Ticket der Grünen ins Rathaus kam. „Aus Gesprächen mit der Verwaltung gewinnt man den Eindruck, dass sich Herr Kral im Mikromanagement verliert und dadurch der Blick fürs Ganze und Zeit verloren geht.“ Man müsse auch überlegen, ob man Beteiligungsprozesse abkürze, die Prozesse seien zu lang.
Grundsätzlich sei es richtig, den Umweltverbund zu stärken, mit mehr Radwegen und mehr Bus und Bahn. Aber der ÖPNV müsse auch wirklich besser werden, damit er mehr genutzt werde. „Wir können den Menschen nicht vorschreiben, wie sie sich fortbewegen.“
Ein besseres Rheinbahn-Angebot wünschen sich alle, Volkenrath sagt aber auch, wie schwierig und langwierig der Prozess werde. Vieles liege nicht in der Hand der Stadt oder der Rheinbahn, etwa die mangelnde Qualität der neuen Fahrzeuge oder Verspätungen bei der Lieferung.
Bei der Verwaltung gelte es, Prioritäten bei der Umsetzung zu setzen. „Schwarz-Grün fehlt die Power, die notwendig ist.“ Für einen schnelleren Radwegeausbau müssten dann auch mal andere Dinge hintenanstehen. Welche das sein sollen, müsse man überlegen. So könnte mehr Personal in die Fahrradabteilung bei der Stadt gesetzt werden. „Ich kriege einen Anfall, wie langsam das alles geht.“
Für einen teureren Anwohnerparkausweis müssten zudem kreative Lösungen für die soziale Staffelung gefunden werden. „Es gibt kein Recht darauf, sein privates Auto kostenlos im öffentlichen Raum abzustellen.“ Eine weiter stark wachsende Zahl von Autos sei genau das, was man nicht wolle. „Da müssen wir gegensteuern.“