Folgen der Corona-Pandemie Blutkonserven sind Mangelware

Düsseldorf · Das Deutsche Rote Kreuz und die Kliniken warnen vor einer dramatischen Lage. Im Ernstfall könnten Operationen verschoben werden.

 Werner Butkus vom DRK bei einem Blutspendetermin in Kaiserswerth.

Werner Butkus vom DRK bei einem Blutspendetermin in Kaiserswerth.

Foto: Anne Orthen (orth)/Anne Orthen (ort)

In Düsseldorf wird zu wenig Blut gespendet. Die Konserven werden knapp, und die Blutbanken schlagen Alarm. „Die Lage ist dramatisch, wenn es so weiter geht, sind die Ressourcen irgendwann erschöpft“, sagt Stephan Küpper vom Blutspendedienst West des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der Kliniken in ganz Nordrhein-Westfalen mit Blut- und Plasmapräparaten versorgt. Pro Tag benötigt das DRK dafür rund 2000 bis 2500 Spenden. „Momentan kommen wir da aber nicht heran, seit Wochen nicht“, sagt Küpper.

In Düsseldorf werden unter anderem die Sana-Kliniken, das Evangelische Krankenhaus und die Häuser des Verbunds Katholischer Kliniken (VKKD) hauptsächlich über das DRK versorgt. Die Uniklinik hat eine eigene Spendeeinrichtung, über die die Patienten versorgt werden, kann aber wenn nötig auch vom DRK oder anderen Diensten zukaufen. 60 000 Präparate werden Sprecherin Susanne Blödgen zufolge pro Jahr benötigt – und auch an der Uniklinik werden die Reserven knapp.

Mindestens einmal im Leben – so hat es das DRK errechnet – ist beinahe jeder Bürger auf das Blut anderer angewiesen. Blutkonserven werden zum Beispiel für die Behandlung von Krebs-Patienten benötigt, aber auch für aufwendige Operationen und Transfusionen nach schweren Unfällen. „Viele Operationen und Therapien könnten nicht durchgeführt werden, wenn zu wenige Blutkonserven verfügbar sind“, sagt Blödgen.

Da immer Präparate für Notfälle bereitgehalten werden müssen, könne es sein, dass schon bald geplante Operationen verschoben werden müssen, sagt Stephan Küpper. Schon jetzt könne das DRK bei Weitem nicht alle Anfragen aus den Kliniken erfüllen, die Kürzungsquoten lägen zwischen zehn und 50 Prozent. Beim DRK werden alle Anfragen und die verfügbaren Präparate in Excel-Listen notiert, „und derzeit sehe ich überall nur rote Zahlen“, sagt Küpper, „auch bei einer Blutgruppe wie AB positiv, die sonst nie von Kürzungen betroffen ist.“

Kliniken haben wegen Mangels größeren logistischen Aufwand

Die Situation wirkt sich auch in den Düsseldorfer Kliniken aus. Bislang hätten zwar keine geplanten Operationen verschoben werden müssen, heißt es zum Beispiel aus dem Evangelischen Krankenhaus – wohl aber müssten diese mit zusätzlichem logistischen Aufwand geplant werden. Denn für Notfälle müssten stets ausreichend Blutkonserven vorrätig sein. „In unserer täglichen Arbeit ist ein drohender Mangel spürbar“, sagt der Transfusionsbeauftragte Karl-Heinz Magofsky.

Auch in den Kliniken des VKKD, zu dem etwa das Marienhospital gehört, ist der Mangel an Blutkonserven seit Längerem bekannt, wie Sprecher Heiko Schmitz sagt. Man gehe deshalb „grundsätzlich sehr zurückhaltend“ mit den Blutprodukten um. Zudem sei die Versorgung so angepasst worden, dass keine Konserven verfallen – „was in Zeiten des Mangels ebenso wichtig ist wie der geringere Verbrauch.“

Insbesondere bei sehr seltenen Blutgruppen gebe es vereinzelte Engpässe, sagt auch Manuel Wenk, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie des Florence-Nightingale-Krankenhauses. Um zu jeder Zeit genügend Konserven vorhalten zu können, beziehe die Klinik die Präparate über verschiedene Dienstleister in der Region. „Wir beobachten leider seit einigen Jahren, dass die Bereitschaft zur Blutspende sinkt“, sagt Wenk.

Besonders in den Sommerferien sei die Spendebereitschaft niedrig, dazu komme in diesem Jahr die Corona-Pandemie. „Durch Corona sind deutlich weniger Spenden erfolgt“, bestätigt Barbara Skondras, Sprecherin der Sana-Kliniken in Gerresheim und Benrath, die von einer „akuten Verknappung“ spricht, aber auch von einem grundsätzlichen Rückgang an Spenden und potentiellen Spendern.

Skondras führt das auch auf die demografische Entwicklung zurück. Susanne Blödgen vom UKD verweist mit Blick auf die sinkende Bereitschaft im Sommer unter anderem auf die Heuschnupfen-Saison und die Urlaubszeit. Zudem spielten sicherlich auch Corona und die damit einhergehenden Unsicherheiten, etwa die Lockdown-Situation betreffend, eine Rolle. Laut DRK-Sprecher Stephan Küpper trägt zur angespannten Situation auch bei, dass man corona-bedingt in diesem Jahr schon deutlich früher Probleme bekäme als sonst in den Sommermonaten üblich. „Die Restriktionen fallen weg, viele Menschen sind unterwegs und denken durchaus nachvollziehbarerweise an anderes als ans Blutspenden“, sagt Küpper. Zudem habe in der Pandemie möglicherweise die Angst vor Krankenhäusern und damit auch vor dem Blutspenden zugenommen.

Dazu kommt: Blutkonserven sind nicht lange haltbar, auf Vorrat können die Blutbanken also nicht arbeiten. Die klassische Blutkonserve ist Küpper zufolge gekühlt 42 Tage haltbar, ein Thrombozytenpräparat, wie es beispielsweise in der Krebstherapie eingesetzt wird, gerade einmal vier Tage. Das DRK und die Kliniken rufen deshalb verstärkt zur Spende auf, die Sana-Kliniken etwa planen im September einen Aktionstag. Die UKD-Blutspendezentrale versucht, zusätzliche Anreize für Neuspender zu schaffen, zum Beispiel mit einem Kinogutschein, sagt Susanne Blödgen. „Blutspenden ist der einfachste Weg, Leben zu retten.“

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