Nazigeschichte bei der Polizei : Die vier ersten LKA-Chefs waren NS-Verbrecher
Düsseldorf Laut einem Gutachten wurde die NRW-Behörde bis 1969 von Männern geführt, die dem Nazi-Regime gedient hatten. „Aus heutiger Sicht hätten diese Männer nie mehr als Polizisten arbeiten dürfen“, sagt Innenminister Herbert Reul.
Als im April 1945 in einer Schlucht am Wenzelnberg bei Langenfeld 71 Gefangene vorwiegend aus zwei Wuppertaler Gefängnissen zu einer Grube geführt und dort paarweise erschossen wurden, half der gebürtige Barmer Friedrich Karst beim Zuschaufeln des Massengrabes. Nur ein Jahr darauf wurde er Direktor des neu gegründeten Landeskriminalamtes (LKA) in Nordrhein-Westfalen. Die Behörde hat selbst die Vergangenheit ihrer früheren Leiter untersuchen lassen; das Gutachten kommt zu dem Ergebnis: Die ersten vier Direktoren waren zuvor an NS-Verbrechen beteiligt gewesen.
Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) machte bei der Vorstellung der Untersuchung am Montag deutlich, man sei nie davon ausgegangen, dass jeder NRW-Polizist ein Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime hätte sein können. „Nicht jeder ist zum Held geboren.“ Und doch sei es vielen Ordnungskräften auf der Straße wohl gelungen, nach Kriegsende noch in den Spiegel schauen zu können. Im Falle der Nachkriegs-Chefetage im LKA indes gehe es um die Beteiligung an Unrechtsmaßnahmen und sogar schweren Gewaltverbrechen, zudem hätten die Akteure „in ihrem Amt teilweise eine Seilschaft aus der NS-Zeit“ gepflegt. „Aus heutiger Sicht hätten diese Männer nie mehr als Polizisten arbeiten dürfen“, sagte Reul.
Autor des Gutachtens ist der Historiker Martin Hölzl vom Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster. Für seine Recherchen reiste er nach Freiburg, Ludwigsburg, in die Niederlande und nach Polen. Auf den Spuren von von Friedrich Karst oder etwa Friederich D’heil, der als Inspektionsleiter in Łódź die „Sonderanweisung für den Verkehr mit dem Ghetto“ abzeichnete und weitergab, welche etwa 160.000 Juden hermetisch einschloss und das Ghetto „zur tödlichen Falle“ werden ließ, so Hölzl. D’heil soll zudem im deutsch besetzten Dänemark die Tatwaffe für die Ermordung des bekannten Widerstandskämpfers Kaj Munk beschafft haben.