Eine sehr spezielle Auktion Die NRW-Justiz versteigert sichergestellte Bitcoins

Köln · Kryptowährung im Wert von 22,5 Millionen Euro wurde bei Straftätern sichergestellt. Jetzt werden die Werte versilbert.

 Der Bildschirm zeigt einen auf „justiz-auktion.de“ zu ersteigernden Bitcoin. Im Vordergrund: NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU).

Der Bildschirm zeigt einen auf „justiz-auktion.de“ zu ersteigernden Bitcoin. Im Vordergrund: NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU).

Foto: dpa/Marius Becker

Eigentlich ist sie ja auch so schon exotisch genug - die von der Justiz  betriebene Internetplattform „justiz-auktion.de“. Da werden Gegenstände zur Versteigerung angeboten, die man aus der Beute überführter Straftäter beschlagnahmt hat. Von einer schäbigen Jeans (Startgebot 14 Euro) bis zum BMW 116i (Startgebot 650 Euro) reicht das. Seit Montag steht ein besonders spektakulärer „Gegenstand“ zur Versteigerung. So spektakulär, dass NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) eigens eine bei Youtube und Twitter vielgeklickte Pressekonferenz anberaumte. Was da zum Startgebot von 4240 Euro offeriert wird und am frühen Nachmittag bereits ein Gebot von 6510 Euro auslöst, hat die Anmutung eines Wertpapiers: 0,1 Bitcoin steht da. Links oben ein Symbol für die Digitalwährung. Und rechts unten das NRW-Wappen mit dem Hinweis auf die Staatsanwaltschaft Köln.

Wer am Ende dieses Zehntel eines Bitcoins ersteigert, ist herzlich eingeladen, eben jene Staatsanwaltschaft zu besuchen. Und wenn er oder sie die Summe überwiesen hat, gibt es dort die sogenannte Paperwallet einschließlich des zugehörigen privaten Schlüssels: eine Aneinanderreihung von vielleicht 50 Ziffern, Groß- und Kleinbuchstaben. Dieser Schlüssel ist der Zugang zu besagten 0,1 Bitcoin, mit dem sich weiter spekulieren oder im Internet bezahlen lässt. Oder den man zu „richtigem“ Geld machen kann. Je nach Vereinbarung muss der Ersteigerer nicht unbedingt in Köln persönlich vorbeischauen, sondern kann sich das Schätzchen auch elektronisch übermitteln lassen.

Eingerahmt von zwei Staatsanwälten der sogenannten ZAC, der bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelten Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime, präsentiert der Justizminister atemberaubend klingende Werte, die den NRW-Strafverfolgern in der letzten Zeit in die Hände gefallen sind. Insgesamt 465 Bitcoin seien es bereits. Was nach dem derzeitigen Kurs der Internetwährung  einem Gegenwert von etwa 22,5 Millionen Euro entspricht. Zunächst 215 Bitcoins sollen nun in mehreren Versteigerungen an den Mann oder die Frau gebracht werden.

Wer Biesenbach so zuhört, merkt dem Minister die Distanz zu dieser Cyberwährung an. Das sei eine „Währung außerhalb staatlicher Kontrolle, die ohne Identifizierungszwang funktioniert“, die also auch anonym genutzt werden kann. Eine Währung, die als solche nicht illegal ist, mit der aber im Darknet Waffen- und Drogenverkäufe finanziert werden. „Der Wunschtraum eines jeden Cyberkriminellen“, sagt Biesenbach.

Und da mischt der Staat nun auch noch mit? Und „bereichert“ sich an den Versteigerungserlösen, die sodann in den Landeshaushalt fließen sollen? Natürlich ist es etwas anderes, als wenn die Justiz beschlagnahmtes Rauschgift oder aufgefundene Waffen versteigern würde. Bitcoins sind ja kein verbotenes Zahlungsmittel. Und Biesenbach sieht quasi eine Win-Win-Situation: Jeder Bitcoin respektive jeder Euro, der den Kriminellen entzogen werde, trage dazu bei, die Kriminalität zu schwächen. Und der Finanzminister des Landes (Biesenbachs Parteifreund Lutz Lienenkämper) könne das Geld schließlich gut gebrauchen.

Oberstaatsanwalt Markus Hartmann erklärt, dass bei den zunächst 15 geplanten Versteigerungen die Internetwährung in Stückelungen von 0,1 bis 10 Bitcoin zu Startgeboten von 80 bis 95 Prozent des aktuellen Marktwerts angeboten werden. Auch wenn die in den letzten Monaten durch die ZAC, aber auch durch andere Staatsanwaltschaften sichergestellten Bitcoins schon einen eindrucksvollen Gesamtwert haben, ist es im Einzelfall alles andere als einfach, diese Werte sicherzustellen. Bestehen sie doch aus besagter langer Buchstaben- und Zahlenkombination, dem privaten Schlüssel. Und der lässt sich auf Papier oder auch auf einem kleinen fingernagelgroßen Chip speichern. Und liege in der Regel nicht offen auf einem Tisch in einer durchsuchten Wohnung, sagt Hartmann. Hier seien jedoch die  eingesetzten Datenspürhunde immer wieder erfolgreich.

Aber wenn die von der Justiz zur Versteigerung angebotenen Bitcoins aus kriminellen Waffen- oder Rauschgiftdeals resultieren -  bleiben sie dann nicht illegal, wenn nun der Ersteigerer Zugriff auf sie bekommt? Hartmann beruhigt: „Der Makel erlischt mit der Übertragung durch den Staat. Der Bitcoin ist dann wieder sauber.“ Geldwäsche einmal anders.

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