Kino „Der unverhoffte Charme des Geldes“ - plötzlich reich

Wer träumt nicht davon, durch unverhofften Reichtum sein Leben schlagartig ändern zu können? Ein Kurierfahrer bekommt in der Thriller-Komödie die einmalige Chance dazu.

 Was macht ein Kapitalismuskritiker, wenn er plötzlich zum reichen Mann wird: Maripier Morin als Camille Lafontaine und Alexandre Landry als Pierre-Paul Daoust in „Der unverhoffte Charme des Geldes“.

Was macht ein Kapitalismuskritiker, wenn er plötzlich zum reichen Mann wird: Maripier Morin als Camille Lafontaine und Alexandre Landry als Pierre-Paul Daoust in „Der unverhoffte Charme des Geldes“.

Foto: dpa/-

Gut, er ist ein bisschen verbittert und hadert mit dem Dasein, aber dennoch hat sich Pierre-Paul Daoust mit seinem mühsam zusammengeklöppelten Weltbild im Leben einigermaßen eingerichtet. Sokrates, Aristoteles und Kant liefern dem jungen Mann das ethisch-moralische Gerüst, Kurierfahrten sichern seinen Lebensunterhalt. Ein nicht ganz lebenstüchtiger, aber doch sympathischer Loser, der der festen Überzeugung ist, dass nur die Dummen reich werden und dass der Glaube an den Götzen Geld alles zerstört.

Mit der Dämonisierung des Mammons ist es allerdings schnell vorbei, als er ziemlich unverhofft an eine gewaltige Summe Geldes kommt. Was nun Pierre-Paul Daoust? Der Kurierfahrer hat jetzt nicht mehr nur eine Menge Bücher, sondern auch jede Menge Cash. Erliegt er dem „unverhofften Charme des Geldes“, wie der kanadische Oscar-Preisträger Denys Arcand („Die Invasion der Barbaren“) seinen neuen Film genannt hat, der zwar auf der wenig überraschenden Erkenntnis fußt, dass Geld die Welt regiert und die Moral dabei auf der Strecke bleibt, aber in seiner Vielschichtigkeit zwei Stunden gute Unterhaltung bietet.

Was macht man als Erstes
mit Taschen voller Geld?

Alles sieht danach aus, als würde Pierre-Paul Daoust (Alexandre Landry) ohne Skrupel all seine Prinzipien über Bord kippen. Und was macht er als Erstes mit den Taschen voller Geld? Er hat nichts Besseres zu tun, als Kontakt zur wunderschönen Escort-Lady Camille „Aspasia“ Lafontaine (Maripier Morin) aufzunehmen, in die er sich auch noch prompt verliebt.

Arg strapaziertes Klischee? Sicher. Doch durch diesen „Pretty Woman“-Moment verschiebt sich die Geschichte von einer möglicherweise erdenschweren Kapitalismus-Kritik hin zur märchenhaften Finanz-Romanze, zur Komödie, der durch die beiden äußerst sympathischen Hauptdarsteller eine muntere Leichtigkeit zufliegt. Und während sich die beiden gesellschaftlichen Außenseiter langsam annähern, müssen sie lernen, ihre fest gefügten Weltbilder zu überprüfen und ihr Leben neu zu verorten. Nur eine der vielen Ebenen, auf denen dieser Genre-Mix spielt.

Der kanadische Regisseur hat einen weiteren Twist eingebaut, der seiner Komödie eine Portion Härte verleiht: Ein Haufen skrupelloser Gangster ist ebenfalls hinter dem Geld her. Und die scheuen nicht vor Bedrohung, Folter und Mord zurück. Hier prallen Lovestory, Thriller und Kapital aufeinander.

Mit Hilfe des aus dem Gefängnis entlassenen Finanzgenies „The Brain“ (Rémy Girard) wollen sich die beiden Liebenden schließlich in den internationalen Finanzstrom einklinken, um ihre Millionen in die Legalität zu überführen. Diese Passage gerät Arcand vielleicht ein wenig lang. Auch mancher Handlungsstrang verliert sich im Nichts, doch das Zentrum seiner Geschichte verliert er dabei nicht aus den Augen. Was soll mit dem ganzen Geld geschehen? Verändert es die Menschen?

Denys Arcand hat da eine klare Botschaft: Sein Märchen, seine Komödie, sein knallharter Thriller, seine Sozialparabel - alles mündet schließlich in ein großes Plädoyer für mehr Menschlichkeit.

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