Landtagsdebatte über Strukturwandel Streit trotz Einigkeit beim Thema Braunkohle

Düsseldorf · Obwohl fast alle im NRW-Landtag die Beschlüsse der Kohlekommission begrüßen, gibt es Differenzen, wer nun was tun muss, um den Strukturwandel zu schaffen.

 Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) im Düsseldorfer Landtag bei seiner Rede zum Ausstieg aus der Kohleverstromung und zu dem anstehenden Strukturwandel im stark betroffenen Nordrhein-Westfalen.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) im Düsseldorfer Landtag bei seiner Rede zum Ausstieg aus der Kohleverstromung und zu dem anstehenden Strukturwandel im stark betroffenen Nordrhein-Westfalen.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Eigentlich sind sie sich alle einig im NRW-Landtag (mit Ausnahme der AfD): Was die Kohlekommission beschlossen hat, soll nun umgesetzt werden.  Und zwar „eins zu eins“, das ist bei der Debatte am Mittwoch immer wieder zu hören. Es geht um die Ende Januar von der Kohlekommission vorgelegten Beschlüsse, dass das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland spätestens 2038 vom Netz gehen soll. Und dass die betroffenen Regionen und Bürger zum Ausgleich Milliardenhilfen bekommen. Von 40 Milliarden Euro ist die Rede. Trotzdem schaffen es die Abgeordneten, sich mehr als vier Stunden über das Thema zu streiten.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) macht zunächst in seiner Rede darauf aufmerksam, dass ja erst noch der Bundestag seine Zustimmung für die neue Energiepolitik und alle damit verbundenen Haushaltsentscheidungen geben muss. Erst danach sei der Landtag zu einer Anpassung der Leitentscheidung aufgefordert. Jedenfalls aber sei NRW bereit, beim Kohleausstieg voranzugehen. „Wir wollen das Land sein, in dem neue industrielle Arbeitsplätze in modernen Kraftwerken mit neuen Speichertechnologien entstehen“, verspricht er. „Uns alle eint das Ziel, dass die Zukunft der Energieversorgung durch die Erneuerbaren Energien getragen werden soll. Ich hoffe, dass wir uns aber auch darüber einig sind, das wir die Rahmenbedingungen für den Weg dorthin langfristig und verlässlich gestalten müssen.“

Leitentscheidung muss über vier Wahlperioden bis 2038 halten

Eine demnächst zu treffende Leitentscheidung müsse vier Wahlperioden halten, sagt Laschet. Er werde daher Vertreter aller Landtagsfraktionen zum Dialog laden und auch die Umweltverbände erneut treffen. „Wir müssen es schaffen, die Kernpunkte gemeinsam zu machen, so dass bis 2038, egal wer hier regiert, eine Klarheit für die Menschen da ist.“

Laschet weist darauf hin, dass die Landesregierung weder Braunkohlekraftwerke betreibe, noch dass sie solche Kraftwerke stilllege. Die Bundesregierung sei für die Umsetzung der Kommissionsergebnisse in diesem Punkt zuständig. Und diese müsse auch in Verhandlungen mit dem Unternehmen zu einem Ergebnis kommen.

Hambacher Wald: Keine
Rodung bis Herbst 2020

Einen ganz konkreten Punkt kann Laschet dann aber doch schon verkünden. Der Hambacher Wald soll „in jedem Fall bis zum Herbst 2020“ nicht gerodet werden. Er habe RWE gebeten, ein Moratorium für diese und die kommende Rodungsperiode zu erklären. Dafür, so Laschet, habe er am Dienstag vom Energieversorger RWE als Eigentümer des Waldes die Zusage erhalten. Das gelte unabhängig von den noch ausstehenden Gerichtsentscheidungen. Vor dem Hintergrund dieses Rodungsmoratoriums fordert er alle Besetzer des Hambacher Forstes auf, „diesen jetzt zu verlassen“. Laschet wörtlich: „Lassen Sie in dem Ort, den Sie schützen wollen, nun endlich Frieden einkehren  – auch, damit der dortige Baumbestand nicht noch weiter beschädigt wird. Für ihn, so betont Laschet, sei der Erhalt des Hambacher Forsts wünschenswert.

Aus Sicht von Monika Düker, Fraktionschefin der Grünen, ist dieses „wünschenswert“ nicht genug. Dass es ein Moratorium gebe, sei gerichtlichen Entscheidungen zu verdanken. Sie erinnert daran, dass aus ihrer Sicht Innenminister Herbert Reul (CDU) und die Landesregierung zu einer Kriminalisierung der Demonstranten im Hambacher Wald beigetragen hätten. Laschet solle sich nicht nur für ein Rodungsmoratorium aussprechen und sagen, was er für wünschenswert halte. Vielmehr solle er für einen echten Bestandsschutz des Waldes sorgen. Diese Frage dürfe er nicht an RWE delegieren. Es müsse das „Primat der Politik“ gelten, die Regierung dürfe sich nicht „selbstverzwergen“ und müsse sich aktiv für Erneuerbare Energien einsetzen. Sie dürfe nicht wie bisher schon bei der Windenergie die Fesseln immer noch enger schnüren.

Auch SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty mahnt eine Förderung der Erneuerbaren Energien an. Und dass Laschet in einer Leitentscheidung festschreiben solle, dass der Hambacher Wald erhalten bleibe. Die Menschen in den weiterhin vom Braunkohleabbau betroffenen Gebieten brauchten eine klare Perspektive. Der Ball dürfe vom Ministerpräsidenten nicht nach Berlin gespielt werden, Entscheidungen müssten nun in NRW getroffen werden. Wichtig sei, dass die Strukturhilfen dorthin fließen, wo die Kraftwerke geschlossen werden – und damit nicht nur ins Rheinische Revier, sondern auch ins Ruhrgebiet. Ganz konkret mahnt Kutschaty an, dass die Entschädigungen, die an Kraftwerksbetreiber wegen des früheren Abschaltens gezahlt werden, nicht etwa für Auslandsinvestitionen genutzt werden dürften. Es müsse sichergestellt werden, dass sie in der Region blieben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort