Verkehrssicherheit Appelle und Überwachung gegen das Frühjahr der Motorradunfälle

Düsseldorf · Elf tote Biker deutschlandweit an Ostern, in NRW sechs am ersten Aprilwochenende – das heizt die Diskussion um Maßnahmen an.

 Ein Krefelder (27) starb am Osterwochenende auf der A61 bei Nettetal – einer von zahlreichen tödlichen Motorradunfällen.

Ein Krefelder (27) starb am Osterwochenende auf der A61 bei Nettetal – einer von zahlreichen tödlichen Motorradunfällen.

Foto: Günter Jungmann

Die hohe Zahl der Motorradunfälle zum Saisonstart 2019 in NRW und speziell elf tödlich Verunglückte deutschlandweit am Osterwochenende haben Diskussionen um massivere Kontrollen und Straßensperrungen erneut angeheizt. Das Landesinnenministerium allerdings warnt vor vorzeitiger Panikmache: Einen Langzeittrend zu mehr Verkehrstoten unter den Kradfahrern gebe es in Nordrhein-Westfalen nicht.

Fakt ist: Im ersten Quartal dieses Jahres verunglückten hierzulande 466 Motorradfahrer, im  Vergleichszeitraum 2018 waren es 322 – ein drastischer Anstieg. „Wir haben einen sehr negativen Saisonbeginn“, sagt Michael Lenzen, Vorsitzender des Bundesverbands der Motorradfahrer (BVDM), auf Anfrage. Gerade die hohe Zahl von Toten über Ostern mache „extrem betroffen“. Es gebe dafür „keine einfache Erklärung“ – und noch viel weniger einfache Lösungen. Wie etwa beliebte Zweiradstrecken schlichtweg zu sperren. „Man macht auch keine Autobahn dicht, weil Lkw auf Stauenden auffahren. Aber wir haben in Deutschland derzeit so viele gesperrte Strecken wie nie zuvor“, erklärt Lenzen, über 160 seien es insgesamt. Gegen die aktuelle Unfallhäufung habe das offensichtlich nichts geholfen.

In Nordrhein-Westfalen stach das erste Aprilwochenende in besonders negativer Weise hervor: Sechs Menschen kamen da an nur zwei Tagen bei Motorradunfällen ums Leben. Dennoch seien solche Zahlen „mit Vorsicht zu genießen“, erklärt ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber dieser Zeitung. Daraus lasse sich meist kein langfristiger Trend ableiten, vielmehr zeige ein Jahresvergleich der tödlichen Bikerunfälle lediglich geringfügige Schwankungen (2013: 69, 2014: 70, 2015: 84, 2016: 75, 2017: 84, 2018: 74).

Dass er das Problem auf dem Schirm hat, aber auf Rücksicht und Achtsamkeit setzt, demonstrierte Innenminister Herbert Reul (CDU) Anfang April bei einem Ortstermin am Südufer des Essener Baldeneysees. Beim Biker-Tag sollten die Fahrer über Fahrsicherheitstrainings und andere Präventionsmaßnahmen informiert werden. „Fahren Sie vorsichtig und überschätzen Sie Ihre Fahrkünste nicht“, appellierte Reul.

Mit diesem Appell ist er nicht allein. „Motorradfahren ist eine extreme Trainingsgeschichte“, sagt Lenzen vom Motorradfahrerverband. „Wir müssen unsere Motorradfahrer besser schulen.“ Die Botschaft laute, dass die Ausbildung mit Erwerb des Führerscheins nicht beendet sein könne, sondern einer steten Auffrischung bedürfe. Auch Simone Mellin vom Polizeipräsidium Wuppertal glaubt, dass mit Prävention mehr zu erreichen ist als mit Sanktion. Deshalb sei die Polizei Bündnispartner im Netzwerk „Am Limit lenkt der Zufall“ für eine Steigerung der Verkehrssicherheit für Biker im Bergischen Land. Gemeinsam mit privaten Motorradfahrern werden etwa kostenlose geführte Touren angeboten, um Aufklärung auf Augenhöhe zu betreiben (nächster Termin: 12. Mai, ab 10 Uhr, Anmeldung per E-Mail an [email protected]).

Ein großes Problem, welches das Frühjahr so unfallträchtig mache, sei, dass viele Motorradfahrer zum ersten Mal seit einem halben Jahr wieder auf die Maschine stiegen. Aber nicht nur sie müssten sich nach dem Winter wieder an die Fahreigenschaften des Bikes gewöhnen, sagt Susanna Heusgen vom Präsidium Düsseldorf, dessen Autobahnpolizei für 700 Kilometer von Wuppertal bis zur niederländischen Grenze zuständig ist: Auch die Autofahrer müssten sich wieder an die Zweiradfahrer gewöhnen. Ein Beispiel: Am Montagmittag wurde ein Kradfahrer in Essen schwer verletzt, weil ein abbiegender Autofahrer dessen Geschwindigkeit falsch einschätzte und ihm die Vorfahrt nahm. Bei der Autobahnpolizei gelte die Devise: „Schönes Wetter ist Unfallwetter“, so Heusgen.

Bei allen freundlichen Appellen macht Polizeisprecherin Mellin aber auch klar: Kontrolliert wird auf den beliebten Motorradstrecken zudem. Dazu verfüge die Wuppertaler Polizei über sogenannte ProVida-Motorräder, die Temposünder auf zwei Rädern mobil überwachen können. In der Eifel erwischte ein solches Krad am Karfreitag einen Raser mit 110 statt erlaubten 50 km/h – ihm drohen drei Monate Fahrverbot und 1200 Euro Bußgeld.

Eine Karte mit Streckensperrungen für Motorräder:

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