Energiewende in NRW Das Schattendasein der Photovoltaik

Düsseldorf · Nur drei Prozent des Stroms in NRW stammt aus der Nutzung der Sonnenenergie. Dabei gibt es im Land Potenzial für bis zu 50 Prozent.

 Ein riesiges Potenzial, das in NRW noch viel zu wenig genutzt wird: Dächer als Flächen für Solarzellen.

Ein riesiges Potenzial, das in NRW noch viel zu wenig genutzt wird: Dächer als Flächen für Solarzellen.

Foto: dpa/dpa, Patrick Pleul

Für Reiner Priggen ist die Photovoltaik „der schlafende Riese der Energieversorgung in NRW“. Und der Vorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE NRW) will diesen Riesen wecken. Zusammen mit Peter Asmuth, dem NRW-Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), drängt Priggen auf mehr Tempo, um die Nutzung der Solarenergie voranzubringen. Und absichtsvoll bedient er sich dabei eines Lieblingsbegriffs der Regierungskoalition: der Entfesselung.

Bisher, so die Streiter für die Energiewende, stammten gerade mal etwas mehr als drei Prozent des in NRW verbrauchten Stroms aus Solarenergie. Perspektivisch könnten es bei Nutzung aller Potenziale aber um die 50 Prozent werden. Zumal Priggen anders als bei der Windenergie, gegen die es vor Ort oft Widerstand von Anwohnern gibt, bei Photovoltaik keinerlei Konfliktstoff ausmacht. „Ich habe noch niemand gesehen, der sagt, Photovoltaik auf Gewerbedächern stört mich.“

Gesunkene Preise und gestiegene Leistung

Zudem seien seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes die Preise für Photovoltaik-Zellen um mehr als 90 Prozent gesunken – und zugleich die Leistung von 130 Watt auf 350 Watt pro Modul gewachsen. „Und wir gehen davon aus, dass sich der Wirkungsgrad in den nächsten fünf bis acht Jahren noch einmal fast verdoppeln wird.“

Das größte Potenzial sieht Priggen auf den Dächern. Aber auch Frei- und Wasserflächen kämen in Betracht. Als Paradebeispiel für nötige Entfesselung wurden die Nivelsteiner Sandwerke in Herzogenrath  (Städteregion Aachen) genannt. Dort steht heute schon der größte Solarpark in NRW. Auf den Seen, die durch den Sandabbau entstehen, sind freischwimmende Photovoltaikanlagen geplant, die weder den weiteren Abbau behindern noch auf dem abgezäunten Gelände mit anderen Nutzungen der Wasserfläche konkurrieren. Trotzdem gebe es Regulierungen, die der Umsetzung noch im Wege stehen.

Lob gab es von Priggen für das fünfte Entfesselungspaket, das von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) Mitte Dezember präsentiert worden war. Darin geht es unter anderem um die Nutzung der Randstreifen von Autobahnen und überregionalen Schienenverbindungen für die Solarenergie. Aber bisher, so die Klage der Solarbranche, seien namentlich die Bezirksregierung Köln und das Landwirtschaftsministerium in ihrer Haltung zur mehr Nutzungsmöglichkeiten von Freiflächen in benachteiligten Gebieten sehr restriktiv.

Auch der bisher noch gültige Deckel von bundesweit 52 Gigawatt, die aus der Photovoltaik stammen dürfen, müsse endlich gestrichen werden, forderte Priggen. „Diese Grenze ist in wenigen Monaten erreicht.“ Aber die große Koalition in Berlin, die eine Abschaffung bereits beschlossen habe, lasse sich bei der Umsetzung viel zu viel Zeit. Gleiches gelte für die Landesregierung in Sachen Denkmalschutz und Photovoltaik. Seit drei Jahren sei man im Gespräch, passiert sei bisher noch nichts.

Um für eine bessere Information zu sorgen, schlagen die Interessenvertreter der Photovoltaik ein Solar-Info-Center NRW vor. Es soll vom Land eingerichtet werden, um stationär und online alle Beratungsfunktionen in Sachen Solarenergienutzung zu bündeln und neutral zu vermitteln. Die Sorge der Bürger um die Zukunft des Planeten habe sich „dramatisch geändert“, so Peter Asmuth. Entsprechende Beratungsangebote könnten den Bedarf nicht mehr decken. Oft ist der Wissensstand inzwischen auch überholt: „Heute rechnet sich eine Photovoltaikanlage nur noch über die Eigennutzung.“ Dass bisher auch bei dieser Eigennutzung eine EEG-Umlage fällig wird, sei daher ein Anachronismus.

Die CDU-Fraktion im Landtag sieht sich durch die Forderungen von LEE und DGS in ihrer Solarstrom-Offensive und dem jüngsten Entfesselungspaket bestätigt. „Solarstrom genießt eine hohe Akzeptanz und hat das Potenzial, zu einer tragenden Säule der Energiewende in Nordrhein-Westfalen zu werden“, teilte der energiepolitische Sprecher Henning Rehbaum mit. „Die Landesregierung prüft aktuell die Nutzung der rund 4000 landeseigenen Gebäude für Photovoltaik, der neue Landesentwicklungsplan ermöglicht Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen, überregionalen Schienenstrecken, auf Halden und militärischen Konversionsflächen.“ Entscheidend sei jetzt der Abbau bürokratischer Hindernisse auf Bundesebene – so die Streichung des 52-Gigawatt-Deckels für den Photovoltaik-Ausbau.

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