Welttag des Kinder- und Jugendtheaters Flügellose Fee lernt das Fliegen

Düsseldorf · Das Junge Schauspielhaus wirbt mit einem Aktionstag für seine fantasievollen und lehrreichen Kinder- und Jugendangebote.

  Felicia Chin-Malensky (vorn) und Yotam Schlezinger in „Fleders fantastische Reise oder Fliegen lernen mit Drache“.

 Felicia Chin-Malensky (vorn) und Yotam Schlezinger in „Fleders fantastische Reise oder Fliegen lernen mit Drache“.

Foto: David Baltzer

Den „Welttag des Kinder- und Jugendtheaters“ auch unter den aktuellen Bedingungen angemessen zu feiern – das ist am Samstag auf der Münsterstraße gelungen. Das Junge Schauspiel hatte Kinder, Jugendliche und deren Familien zu zwei Zoom-Meetings eingeladen, am Nachmittag folgte die erste digitale D’haus-Theaterpremiere „Fleders fantastische Reise oder Fliegen lernen mit Drache“, und am Abend folgte dann in Ausschnitten „Liebe Kitty“, nach einem Roman­entwurf von Anne Frank.

Ein großes Lob ans Junge Schauspiel: Für seinen Mut, etwas Unfertiges als Premiere auszugeben. Für seine digitale Plattform, die Kinder und Jugendliche zumindest virtuell wieder ins Theater holte. Vor allem aber für seine ansteckende Begeisterung am spielerischen und musischen Handeln. Wer dabei war bei „Fleders Reise“ und „Liebe Kitty“, wo es rauschte und ruckelte, rutschte und zuckelte, der musste einfach fest die Daumen drücken für das Gelingen des Ganzen. Und was tat die Schauspielerin Felicia Chin-Malenski, wenn es irgendwo mal wieder hakte? Gefühlte 100 Mal tröstete sie sich und ihre Mitspieler mit dem charmanten Ausruf über digitale Probleme hinweg. Eine strahlende Figur, ein Antlitz mit aufgesprühtem Glanzpulver statt Schweiß und Tränen. Märchenhaft.

Eine Art Musik-Computer
wird auf die Bühne gerollt

Die Geschichte von einer Fee, die nicht fliegen konnte, stammt von der österreichischen Autorin Sophie Beyer. Inszeniert wurde sie von Emel Aydoglu rund um die Außenräume des Jungen Schauspiels. Wenn wieder bessere Zeiten kommen, soll die flügellose Fee als Open-Air-Vorstellung Kinder auf die Münsterstraße locken. Zu Beginn rollen Felicia Chin-Malenski und ihr Kollege Yotam Schlezinger eine Art Musik-Computer auf ihre Bühne. Begleitet von zwei Gitarren heißt es dann: „Es war einmal, so fangen die Geschichten an.“ Schon geht es los mit vielen Fragen an die Zoom-Teilnehmer. Wer denn neben den Märchen auch Detektivgeschichten, Gruselgeschichten, Superheldengeschichten gelesen hat, will man wissen. Die Antworten kommen nur zögernd, die digitalen Hände blinken auf, doch nicht immer klappt die Kommunikation. „Ihr seid jetzt entstummt“, lockt die Moderatoren-Fee Chin-Malenski und kommentiert jede Antwort: „Cool!“

Die Sonne scheint über den Reihenhäusern rund um das Junge Schauspiel, als die flügellose Fee ihre ersten, natürlich vergeblichen Flugversuche unternimmt. Zur Seite steht ihr dabei ein merkwürdiger Drache, in der Gestalt Yotam Schlesingers selbst eine gerupfte Figur. „Wandeldrache“ nennt er sich und gibt der Fee auch gleich einen neuen Namen: „Flatterschwirrer“. Das sind wunderbare Lernwörter für ein Kinderherz. Wunderbar ist auch die Botschaft, welche die Fee den Kindern am Ende mit auf den Weg gibt: „Man kann auch ohne ein Horn ein Einhorn sein.“

Für die Erwachsenen gab es am Welttag des Kinder- und Jugendtheaters ein Manifest der Vereinigung „Assitej“. Die versteht sich als Interessenvertretung und stellt Forderungen: Die Medien sollen der Kunst und Kultur für Kinder, Jugendliche und Familien mehr Beachtung schenken, heißt es unter anderem in dem Sechs-Punkte-Papier, das bereits im letzten Herbst für die weltweite Publikation erarbeitet wurde. Das Zoom-Meeting am Abend zu „Liebe Kitty“ bot Überraschungen, auch für die Macher des Jungen Schauspiels. Denn die heutigen Jugendlichen scheinen weit mehr über das jüdische Mädchen Anne Frank zu wissen, als erwartet. Auf das sehr informative „Come together“ reagierten die Teilnehmer mit Hinweisen und Detailfragen. Im Zentrum des Meetings stand ein virtueller Besuch bei Anne Frank, in jenem Amsterdamer Hinterhaus, das längst zu einem millionenfach besuchten Museum geworden ist. Als Moderatoren stellten sich jetzt David Brückel und Timo Hackel vor die Zoom-Kamera. In den gezeigten Ausschnitten der Inszenierung teilen sich drei weibliche und drei männliche Schauspieler das szenische Spiel. Man gewinnt dabei den Eindruck, dass im Hintergrund ein Puppenspieler die Fäden zieht.

„Liebe Kitty“ ist die imaginäre Adressatin vieler Tagebuchbriefe von Anne Frank. Die Anrede erschien zum ersten Mal am 22. September 1942 in ihrem Tagebuch. Da lebte Annelies Marie „Anne“ Frank, geboren am 12. Juni 1929 in Frankfurt, bereits seit zwei Monaten versteckt im Hinterhaus an der Amsterdamer Prinsengracht. Das junge Mädchen bekam „Lust, mit jemandem zu korrespondieren“, und richtete ihre Briefe an mehrere fiktive Personen. Dabei zeigte sie eine Vorliebe, denn Kitty wurde sofort die Nummer eins. Das literarische Vorbild für die fröhliche und humorvolle Kitty findet sich in einem niederländischen Buch der Schriftstellerin Cissy van Marxveldt.

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