NRW Das Ende einer langen Tradition

Kempen/StHubert ·   Auch mit Corona-Maske war das Lächeln von Mechtild Kaisers wahrzunehmen, als sie sich an ihrem Blumenstand am Buttermarkt der  Kundin näherte. „Was darf es denn sein?“, fragte sie, während ihr Mann Heinz-Günter noch den Bestand am Wagen etwas sortierte.

 Das Voescher Ehepaar Mechtild und Heinz-Günter Kaisers macht seinen Gartenbaubetrieb zu und verlässt den Kempener Wochenmarkt. 			  	              Foto:Kurt Lübke

Das Voescher Ehepaar Mechtild und Heinz-Günter Kaisers macht seinen Gartenbaubetrieb zu und verlässt den Kempener Wochenmarkt.                Foto:Kurt Lübke

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Der landwirtschaftliche Gartenbaubetrieb Kaisers aus Voesch blickt auf eine lange Tradition am Kempener Wochenmarkt zurück. Bereits seit dem Jahr 1902 beschickt dieser in der mittlerweile dritten Generation den Markt - also seit 119 Jahren. Damals machte sich Heinrich Kaisers noch mit Pferd und Wagen von Voesch aus zum Kempener Wochenmarkt auf, um seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse wie Obst und Gemüse anzubieten.

„Da ist aber nicht viel berichtet worden von den Anfängen“, kann Heinz-Günter Kaisers, Inhaber und die dritte Generation, darüber nichts Ausführlicheres sagen. Die darauf folgende Generation mit Josef Kaisers versorgte während der Kriegsjahre die Kempener Bevökerung mit Obst, Gemüse und Eiern.

Heinz-Günter Kaisers war im Alter von 14 Jahren erstmals auf dem Wochenmarkt mit dabei. „Aus der Schule und direkt hierher mit den Eltern“, erinnert sich der 68-jährige. „Man kennt das nicht anders. Das war immer ein kleiner Familienbetrieb. Da wächst man so rein.“

1969 erlernte er den Ausbildungsberuf Gärtner in Krefeld-Königshof, führte mit seiner Mutter Gerda und seinem Vater den Betrieb. 1977 feierte die Familie das 75-jährige Bestehen auf dem Kempener Wochenmarkt. Im Oktober desselben Jahres heiratete der damals 24-jährige Heinz-Günter  seine Mechtild. „Meine Eltern hatten Landwirtschaft. Da war der Sprung nicht so groß“, erzählt die 66-jährige. „Ich wusste, dass der Tag nicht acht Stunden und die Woche sieben Tage hat.“ Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1982 übernahm Heinz-Günter Kaisers dann den elternlichen Gartenbaubetrieb.

„Hier waren früher Parkplätze mit Randstein. Da ging der Verkehr noch quer durch Kempen. Und die Bäume hier, die waren damals so klein“, denkt ihr Mann daran, wie sich die Umgebung verändert hat. „Die Ellen–und die Peterstraße, der Buttermarkt, das war alles Durchgangsverkehr.“

Bei Wind und Wetter ging es regelmäßig dienstags und freitags zum Kempener Wochenmarkt. Und viele Jahrzehnte lang suchte das Ehepaar ergänzend dazu noch Mittwoch und Samstag den Wochenmarkt in Moers-Meerbeck auf. Dazu kamen dann noch die Sondermärkte wie der Geranienmarkt, der ab den 70er Jahren einmal pro Jahr jeden zweiten Montag im Mai auf dem Kirchplatz An St. Marien durchgeführt wurde, später auf den Parkplatz beim Schwimmbad. Und sie waren auch auf dem Bauermarkt, der nach ein paar Jahren aber wieder abgeschafft wurde.

Man habe bewusst den Standort  nie gewechselt „Wir sind Kempen treu geblieben“, sind sie sich darin einig, dass es die jahrzehntelangen Verbindungen zu den Menschen sind, was für sie zählt. Und das gute Verhältnis zu den Händlerkollegen. „Wir feiern hier die runden Geburtstage miteinander.“

Den Weihnachtsbaumverkauf aus nachhaltigen Anbau am eigenen Hof wird ihr Sohn Markus weiter fortsetzen. Den Gartenbaubetrieb wird er aber nicht übernehmen. „Er hat kein Gespür für Blumen“, sagt Mechthild Kaisers.

Am letzten Markttag am kommenden Dienstag werden die beiden den Kollegen noch einen ausgeben. Danach geht es in den verdienten Ruhestand. „Die ersten paar Wochen werden wir das vermissen“, ist sich Heinz-Günter Kaisers sicher. Aber die neu gewonnene Zeit kann das Paar für sich privat nutzen: Sich um den Enkel kümmern, um ihr Privatgelände. Die großen Gärten zu pflegen, dafür war halt nie Zeit. Und bis auf eine Italien-Tour 2015 waren beide nie im Urlaub.

Dass beide aufhören, bedauern Kollegen wie Marktbesucher. „Das ist ja allerhand. Ich komm schon immer, da war Mutter noch da“, sagt eine langjährige Kundin. „Ich habe immer meinen Osterstrauß bei ihnen gekauft, kenne die bestimmt 20 Jahre lang. Immer freundlich und zuvorkommend“, meint Anja Piasecki. Und Händler Bernhard Kowalczyk meinte zu seinem Noch-Kollegen nur: „So einen Mann gibt es nur einmal.“

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