Explosives Weltkriegs-Erbe Darum ist die Zahl der Bombenfunde in NRW 2018 gestiegen

Essen · In NRW sind in diesem Jahr deutlich mehr Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg ans Tageslicht befördert worden als noch 2017. Neben der starken Baukonjunktur spielt auch der trockene Sommer eine Rolle.

 Eine entschärfte, 250 Kilogramm schwere, Fliegerbombe liegt an der Fundstelle.

Eine entschärfte, 250 Kilogramm schwere, Fliegerbombe liegt an der Fundstelle.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Evakuierungen in Köln, Mönchengladbach und Paderborn, riskante Momente für die Experten an den Zündern: Allein in den ersten drei Quartalen des zu Ende gehenden Jahres sind in NRW schon mehr Bomben-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt worden als im gesamten Jahr 2017. Nach vorläufigen Zahlen des Innenministeriums wurden im Zeitraum von Januar bis Ende September 2138 Bomben gefunden, im gesamten Jahr 2017 waren es nur 1946 Bomben.

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der gefundenen Blindgänger in NRW rasant an. Zum Vergleich: 2014 wurden 927 Weltkriegs-Bomben gefunden, 2015 dann 1098 und 2016 schon 1392.

In den verschiedenen Regionen schwanken die Zahlen von Jahr zu Jahr sehr stark. In diesem Jahr hatten vor allem die Kampfmittelentschärfer im Regierungsbezirk Arnsberg viel Arbeit, wo von Januar bis September 931 Bomben gefunden worden. Im Regierungsbezirk Münster waren es 739, in Köln 206, in Düsseldorf 178 und in Detmold 84. Im Jahr zuvor war die Verteilung noch ganz anders.

Das habe nicht zuletzt auch statistische Gründe, sagt Beatrix Van Vlodrop von der Bezirksregierung Düsseldorf. „In dieser Rubrik finden sich neben den größeren Sprengbomben, die vor Ort entschärft werden, auch Kleinbomben und Brandbomben, die in aller Regel ohne Entschärfung abtransportiert werden können und an manchen Räumstellen auch recht gehäuft auftreten.“

Generell erkläre sich die Zunahme der Funde dadurch, dass mehr gebaut werde und die Kommunen sensibler für mögliche Kampfmittelfunde seien, sagt der Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, Christoph Söbbeler. Da mehr gebaut werde, werde auch mehr gefunden.

Auch das Klima spielt eine Rolle: Durch die anhaltende Trockenheit im Sommer fielen die Wasserstände der Flüsse und brachten etwas häufiger als sonst Kampfmittel zum Vorschein. „Am Rhein gab es temporär in der Zeit vom September bis Oktober 2018 eine erkennbare Erhöhung des Fundaufkommens“, schrieb das Innenministerium als Antwort auf eine Landtags-Anfrage der SPD.

Die meiste Arbeit machen den Kampfmittelentschärfern die großen Weltkriegsbomben: Bei 214 Funden in NRW handelte es sich um Bomben mit einem Gewicht von 50 Kilo und mehr. Im gesamten Vorjahr waren 217 große Bomben gefunden worden.

In Mönchengladbach, Oberhausen, Essen und Köln kamen 2018 Bomben zum Vorschein, die jeweils eine Tonne wogen. In Paderborn wurde in einem Garten sogar eine 1,5 Tonnen schwere Bombe gefunden. Das blieb nicht ohne Folgen: Mehr als 26.000 Menschen mussten im April in Paderborn ihre Häuser verlassen. Es war die größte Evakuierung in der Nachkriegsgeschichte der ostwestfälischen Stadt.

Doch letztlich sind Bomben nur ein Teil des „explosiven Erbes“ aus dem Zweiten Weltkrieg. Insgesamt gab es von Januar bis September 9469 Kampfmittelfunde, zu denen auch Granaten, Minen und Infanteriemunition zählen. Im Jahr 2017 waren es 8938 Funde.

Das Innenministerium geht davon aus, dass während des Zweiten Weltkriegs etwa 675.000 Tonnen Sprengstoff auf Nordrhein-Westfalen abgeworfen wurden. Wie viel davon nicht detoniert ist und heute noch eine Gefahr darstellen könnte, sei völlig unbekannt. Für die Kampfmittelbeseitigung hat das Land in den ersten neun Monaten dieses Jahres 14,8 Millionen Euro ausgegeben.

(dpa)
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