Corona in NRW Viele Kommunen stoppen Notbremse mit Schnelltests

Düsseldorf · Wer genug Tests anbietet, kann etwa Handel und Museen für Negativ-Getestete offen halten. Immer mehr Städte und Kreise setzen das um.

 Viele Städte und Kreise wollen Notbremse stoppen.

Viele Städte und Kreise wollen Notbremse stoppen.

Foto: dpa/Armin Weigel

Die meisten der Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen mit besonders hohem Infektionsgeschehen wenden eine strengere Rückkehr zum Lockdown mit Schnelltests ab. In Großstädten wie Aachen, Duisburg, Dortmund oder Essen und zahlreichen Kreisen in Westfalen und dem Rheinland sollen die Menschen ab Montag nach Vorlage eines tagesaktuellen negativen Schnelltests weiterhin mit Termin einkaufen gehen oder etwa Museen besuchen können. An der Notbremse und der damit verbundenen Rücknahme von Öffnungsschritten will dagegen unter anderem die Millionenstadt Köln vorerst festhalten. Wie auch in Hagen bleiben dort ab Montag Läden und Kultureinrichtungen dicht, um das Coronavirus einzudämmen.

Überraschend hatte das Land am Freitag jenen kreisfreien Städten und Kreisen, bei denen aufgrund lang anhaltend hoher Corona-Wocheninzidenzen eigentlich eine Notbremse greifen sollte, Ausnahmen ermöglicht: Sofern es genügend Testmöglichkeiten gibt, sollen das Einkaufen mit Termin, der Zoo- oder Museumsbesuch sowie körpernahe Dienstleistungen für Menschen mit tagesaktuellem negativen Corona-Schnelltest erlaubt bleiben.

Diese Testoption wollen die meisten der 31 Kreise und kreisfreien Städte mit einem drei Tage lang anhaltenden Wert von mehr als 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen umsetzen. Einige davon teilten am Samstag mit, das Land habe bereits zugestimmt, darunter die Städteregion Aachen, Duisburg, Leverkusen, Gelsenkirchen, Wuppertal, Solingen und Herne sowie die Kreise Herford, Recklinghausen, Minden-Lübbecke, Borken, Kleve und der Oberbergische Kreis.

Das Gesundheitsministerium sprach auf Anfrage von 24 Kommunen, deren Allgemeinverfügungen zur Teststrategie genehmigt worden seien. Ablehnungen habe es keine gegeben. Man halte die „Notbremse mit Test-Option für besser als eine reine Notbremse“, hieß es am Samstag aus dem Ministerium. Die Test-Möglichkeit solle mehr Menschen motivieren, einen Test zu machen. „Dadurch decken wir Infektionsfälle auf, die sonst nicht gefunden worden wären und sich – gerade in den Ostertagen - (...) vielleicht unerkannt ausgebreitet hätten. Daher ist jeder Test ein Gewinn, gerade auch in Gebieten mit höheren Infektionszahlen“, hieß es weiter.

Dem folgten viele betroffene Städte: „Da Schnelltests mittlerweile an vielen dezentralen Standorten im gesamten Stadtgebiet angeboten werden, hat der Krisenstab der Stadt deshalb in Abstimmung mit dem Land beschlossen, diese Option zu nutzen“, begründete die Stadt Duisburg. Auch Aachen sieht sich gut für die Umsetzung gerüstet: Es gebe mit bereits rund 200 Teststellen für Bürger bereits eine funktionierende Infrastruktur. Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) betonte, die Teststrategie sei keine Öffnungsstrategie, aber allemal besser als die „halbherzige Notbremse“, die das Land stattdessen vorgeschlagen habe. Testen verhelfe zu einem besseren Bild „vom echten Infektionsgeschehen, von den Ansteckungswegen, den Ansteckungsorten und den Virusvarianten“. Infektionen, die sonst unentdeckt blieben, könnten gefunden werden.

Die Kreise Euskirchen, Mettmann und der Rhein-Erft-Kreis sowie die Städte Mülheim an der Ruhr, Essen und Bochum hatten ebenfalls beantragt, von der neuen Testoption Gebrauch machen zu wollen. „Wir gewährleisten, dass genügend Testkapazitäten zur Verfügung stehen“, teilte Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU) mit. Der Kreis Lippe wollte die Option prüfen - er gehört mit einer Inzidenz von 230,3 immerhin zu den Orten mit höchster Sieben-Tage-Inzidenz im Land. Der Ennepe-Ruhr-Kreis und Remscheid wollen noch über die Testoption beraten.

Auf eine Rückkehr zum verschärften Lockdown müssen sich dagegen die Menschen anderswo einstellen: Die Millionenstadt Köln, deren Inzidenz ebenfalls über 100 liegt, hatte am Freitag angekündigt, aufgrund stark steigender Fallzahlen von einem entsprechenden Antrag beim Land derzeit abzusehen. Auch Hagen teilte mit, die Testoption zunächst nicht nutzen zu wollen. Angesichts einer Inzidenz über 200 setze man weiterhin auf die „konsequente Einschränkung von Kontakten, die Notbremse greife. Läden, Museen, Kosmetikstudios, Zoos und bleiben dort ab Montag wieder dicht.

Die Zahl der Regionen, in denen absehbar weder Notbremse noch Schnelltest-Beschränkungen drohen, ist am Samstag weiter zurückgegangen. Insgesamt lagen nur noch 14 der 53 Kreise und kreisfreien Städte in NRW unter der 100er Marke bei der Corona-Inzidenz. Die niedrigsten Inzidenzen wurden in Höxter (62,7) und Münster (60,9) registriert. Landesweit stieg die Inzidenz nach Daten des Robert Koch-Instituts leicht auf 123,8 an. Welche weiteren Städte mit der Frage Notbremse oder Schnelltest-Konzept konfrontiert sind, weil sie zu lange über der Marke von 100 liegen, wollte das Gesundheitsministerium rechtzeitig bekanntgeben.

(dpa)
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