Kurs auf mögliche Koalition CDU und Grüne in NRW legen Sondierungspapier vor - das sind die Eckpunkte

Düsseldorf · CDU und Grüne in NRW haben ihre Sondierungen über eine mögliche Landesregierung abgeschlossen. Herausgekommen ist ein detailliertes Papier, das sich schon wie ein Mini-Koalitionsvertrag liest. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen (CDU) und Mona Neubaur, Vorsitzende der Grünen in Nordrhein Westfalen stehen vor dem Beginn von Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Koalitionsregierung in Nordrhein-Westfalen in einem Konferenzraum.

Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen (CDU) und Mona Neubaur, Vorsitzende der Grünen in Nordrhein Westfalen stehen vor dem Beginn von Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Koalitionsregierung in Nordrhein-Westfalen in einem Konferenzraum.

Mindestens 1000 neue Windräder, weniger Flächenverbrauch und gleiche Bezahlung für Lehrkräfte: Knapp zwei Wochen nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben CDU und Grüne detaillierte Eckpunkte für ein mögliches Regierungsbündnis vereinbart. Zum Abschluss ihrer viertägigen Sondierungsgespräche einigten sich Delegationen beider Parteien am Freitagabend auf ein zwölfseitiges Ergebnispapier mit der Überschrift „Für die Zukunft von Nordrhein-Westfalen“.

Auf Grundlage des Sondierungspapiers sollen Spitzengremien von CDU und Grünen am Sonntag über die offizielle Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Bislang haben CDU und Grüne noch nie gemeinsam im bevölkerungsreichsten Bundesland regiert.

Sowohl Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als auch Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur zeigten sich zufrieden. „In der Versöhnung von vermeintlichen Gegensätzen liegt die Kraft für unsere Zukunft“, erklärte Wüst. Er dankte den Grünen für „konstruktive, ernsthafte und den Herausforderungen angemessene Beratungen.“ Wüst fügte hinzu: „Dieser gemeinsame Geist kann zu einem Zukunftsbündnis zum Wohle unseres Landes führen.“

Grünen-Landeschefin Neubaur erklärte: „Wir wollen der Garant dafür werden, dass eine neue Landesregierung auf der Höhe der Zeit arbeitet.“ CDU und Grüne hätten „gemeinsam eine belastbare Grundlage“ erarbeitet. „Beide Parteien eint der ernsthafte Wille, in Zeiten multipler Krisen generationengerechte Lösungen für die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft zu finden.“

Rund 100 Delegierte der Grünen kommen am Sonntag in Essen zu einem kleinen Parteitag zusammen, um über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abzustimmen. In Düsseldorf wird der ähnlich große erweiterte Landesvorstand der CDU darüber entscheiden. Der Grünen-Landesvorstand empfahl seinen Mitgliedern, der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zuzustimmen. Auch die CDU werde dies dem erweiterten Landesvorstand empfehlen, hieß es weiter.

Die CDU hatte die Wahl am 15. Mai mit 35,7 Prozent klar gewonnen. Die SPD rutschte mit 26,7 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis bei einer NRW-Landtagswahl ab. Die Grünen konnten ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2017 auf 18,2 Prozent fast verdreifachen und landeten auf dem dritten Platz.

Die Details des Sondierungspapiers:

KLIMASCHUTZ:

CDU und Grüne bekennen sich zu einem klimaneutralen Industrieland. „Wir werden Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas machen.“ Die Parteien wollen ein „Klimaschutzsofortprogramm“ auflegen und einen vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030. Mit einer „zeitnahen“ neuen Leitentscheidung sollen die Menschen im Braunkohlerevier Klarheit bekommen. Fünf von Umsiedlung bedrohte Dörfer sollen erhalten bleiben.

Konkret wollen CDU und Grüne in den kommenden fünf Jahren mindestens 1000 zusätzliche Windkraftanlagen errichten und sämtliche für Photovoltaik geeigneten Flächen nutzen. Die umstrittene Mindestabstandsregelung von Windrädern zu Wohnbebauungen soll geprüft und „wenn notwendig“ geändert werden. Um die Betroffenheit der Anwohner zu minimieren, soll der Ausbau auf neue, geeignete Flächen konzentriert werden.

SCHULE:

In den kommenden Jahren sollen 10.000 zusätzliche Lehrkräfte eingestellt werden. Mit einem verbindlichen Stufenplan soll zudem die Eingangsbesoldung für alle Lehrkräfte auf A13 angehoben werden. Bisher werden in NRW Lehrkräfte an Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen schlechter bezahlt als Lehrer der gymnasialen Oberstufe.

INNERE SICHERHEIT:

Jährlich sollen 3000 Polizeikräfte eingestellt werden statt wie bisher 2500. Das hatte die CDU gefordert. Beim Landtag soll die Stelle eines unabhängigen Polizeibeauftragten eingerichtet werden - ein Vorschlag der Grünen. Außerdem soll das von den Grünen kritisierte Versammlungsgesetz Ende 2023 unabhängig und wissenschaftlich geprüft werden.

VERKEHR:

Ein landesweites Schnellbusnetz soll möglichst noch in dieser Wahlperiode geschaffen werden. Bis 2027 sollen 1000 Kilometer neue Radwege gebaut werden. Beim Straßenbau soll die Sanierung Vorrang vor Neubau bekommen. Dafür hatten sich die Grünen stark gemacht.

UMWELT:

CDU und Grüne setzen sich das Ziel, den Flächenverbrauch „zeitnah“ auf 5 Hektar pro Tag und perspektivisch auch weitergehend zu reduzieren.

KINDER:

Gemeinsam mit Kommunen und freien Trägern soll ein „Pakt gegen Kinderarmut“ geschmiedet werden.

MIGRATION:

CDU und Grüne wollen verstärkt ausländische Fachkräfte gewinnen. Dazu gehöre eine unbürokratische und schnelle Anerkennung von ausländischen Berufs- und Bildungsabschlüssen. Für gut integrierte Geflüchtete soll ein dauerhafter Aufenthalt und Arbeitsmarktzugang ermöglicht werden.

KOMMUNEN:

Noch in diesem Jahr wollen CDU und Grüne gemeinsam mit dem Bund eine Lösung für den Abbau der kommunalen Altschulden vereinbaren. „Sollte der Bund seiner Verantwortung in diesem Bereich nicht nachkommen, bekennen wir uns dazu, im kommenden Jahr selbst eine Lösung herbeizuführen.“

WOHNEN:

Die beiden Parteien setzen sowohl auf die öffentliche und mietpreisgebundene Wohnraumförderung als auch auf die Förderung von Eigentum. Außerdem soll die Gründung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften unterstützt werden.

FINANZEN:

Die Schuldenbremse soll eingehalten und gleichzeitig in Bildung, Infrastruktur, sozialen Zusammenhalt, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung investiert werden.

WAHLRECHT:

Auf Landesebene soll das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren eingeführt werden.

(dpa)
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